Der erste Titel geht an den Hafen
Friedrichshafen gewinnt das Prestigeduell gegen Berlin und verteidigt Volleyball-Supercup
HANNOVER - Simon Tischer spielt auf Mittelblocker Jakob Günthör und der zieht ab durch die Mitte. Etwa ein Meter hinter dem Netz donnert sein Schmetterball auf den Boden. Der zweite Matchball bringt nach 104 Minuten die Entscheidung: Der alte Volleyball-Supercupsieger ist auch der neue. Der VfB Friedrichshafen bezwingt in der TUI Arena in Hannover die BR Volleys aus Berlin mit 3:1 (23:25, 25:18, 25:18, 25:19). Der erste Titel der Saison geht nach Friedrichshafen.
„Wir lagen hinten und haben dann das Spiel gedreht. Ich freue mich für meine Spieler, wir haben klar dominiert“, sagt VfB-Trainer Vital Heynen, der ja bekannt für seine lockeren Sprüche ist – von denen er gleich einen vom Stapel lässt: „Ich bin nach Friedrichshafen gekommen, um zu gewinnen und nicht um Kaffee zu trinken. Und jetzt haben wir von bislang vier möglichen Entscheidungen unter meiner Führung die dritte gewonnen.“Alle nämlich bis auf die Deutsche Meisterschaft, die sich im Mai Berlin sicherte.
Diesen Sonntag gelingt Friedrichshafen aber Teil eins der Revanche. Nur einer von Heynens Spieler wäre beinah gescheitert: Athanasios Protopsaltis (14 Punkte) wird von 5796 Zuschauern per SmartphoneApp zum wertvollsten Spieler gekürt. Als sein Name durch die Hallen-Lautsprecher schallt und der Außenangreifer, auf dem Spielfeld sonst wie ein Flummi unterwegs, von Bundestrainer Andrea Giani die Auszeichnung erhalten soll, bleibt er mit seinem Bein an der Siegerbande hängen und reißt diese über die komplette Länge hinweg ein, unter tosendem Gelächter seiner Mitspieler.
„Aber viel wichtiger ist, wir haben Berlin geschlagen“
Die gute Laune war aber schon auf dem Spielfeld deutlich zu spüren. Mehr Kampf- und mehr Teamgeist legten die Häfler auf den harten Betonboden der TUI Arena. Deutlich wird das auch im Block: Zwölf Blockpunkte markiert der VfB, den Berlinern gelingen nur sechs. Und trotz des klaren Ergebnisses präsentierte sich das Supercup-Finale der Männer deutlich spannender als kurz zuvor das einseitige 3:0 zwischen dem Frauenmeister Schwerin und Pokalsieger Allianz MTV Stuttgart.
„Was für eine sensationelle Atmosphäre“, sagt Friedrichshafens Kapitän Simon Tischer ins Hallenmikrofon, „ich hätte nie gedacht, dass so viele Leute kommen und für so viel Stimmung sorgen.“Der Deutsche Meister kam in den letzten 20 Jahren durchweg aus Friedrichshafen oder Berlin. In kaum einer anderen Sportart gibt es eine derartige Dominanz zweier Teams. Der 13-fache Meister und 14-fache Pokalsieger Friedrichshafen hat nun auch seinen zweiten Supercup-Erfolg eingetütet. „Wir haben den Pokal verteidigt, aber viel wichtiger ist, wir haben Berlin geschlagen“, sagt Vital Heynen, im Gold-Konfetti-Regen stehend. Dann überlegt er kurz und grinst schelmisch: „Und wir sind die einzige Volleyball-Mannschaft in Deutschland, die den Supercup zum zweiten Mal gewonnen hat.“
Simon Tischer hat den mehr als 3,5 Kilogramm schweren Pokal kurz zuvor aus den Armen von DVV-Präsident Thomas Krohne entgegengenommen. Dann beginnen die Feierlichkeiten in der Halle wie ein Déjàvu: Auch die Premiere vor einem Jahr gewannen die Häfler klar und deutlich – und das mitten in Berlin. Anschließend ging das Team mit breiter Brust und viel Selbstvertrauen in die anstehende Saison. So kann es nun auch weitergehen. Ein gutes Omen. Nur, besonders feiern will einer nicht. „Nein, ich feiere nicht, ich gehe einen Kaffee trinken“, sagt Vital Heynen und verschwindet in der dunklen Halle.