SPD und AfD ringen um Ausschussvorsitz
Streit seit Jahresbeginn – Sozialdemokraten besetzen Posten, der ihnen nicht zusteht
STUTTGART - Die SPD-Fraktion hält einen Vorsitz eines Landtagsausschusses besetzt, der eigentlich der AfD zusteht. Dabei geht es nicht nur um Prestige, sondern auch um Geld. Etwa seit Beginn des Jahres streiten die Fraktionen – nun scheint sich eine Lösung abzuzeichnen.
Das öffentliche Interesse an Landespolitik richtet sich vorwiegend auf die Landtagsdebatten. Im Plenum wird allerdings meist nur das vorgetragen, was zuvor in den Fachausschüssen vorbereitet und abgestimmt wurde. Die Zahl und Zuständigkeit der Ausschüsse orientiert sich an den Ministerien. Hier beraten die Experten der Fraktionen über Sachthemen. Die Sitzungen sind in der Regel nicht öffentlich. Dadurch sollen die Mitglieder möglichst sachorientiert diskutieren und gemeinsame Entscheidungen finden. Die Ausschüsse werden mitunter auch „kleine Landtage“genannt, da sich in ihnen die Kräfteverhältnisse des Landtags spiegeln. Je nach Stärke im Parlament entsenden die Fraktionen eine gewisse Zahl an Abgeordneten.
Heiß begehrt sind auch die Posten der Ausschussvorsitzenden. Welche Fraktion wie viele bekommt, orientiert sich an ihrer Stärke im Landtag. Der AfD und der SPD stünden in dieser Legislaturperiode je zwei Ausschussvorsitze zu. Die SPD hält derzeit aber drei, die AfD lediglich einen. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“schwelt der Streit darum seit Jahresbeginn.
Ein Ausschussvorsitzender bekommt für seine Zusatzarbeit zudem ein Viertel der monatlichen Kostenpauschale obendrauf. Seit der Erhöhung dieser steuerfreien Pauschale sind dies monatlich 540 Euro zusätzlich.
SPD profitiert von AfD-Spaltung
Rückblick: Kurz nach der konstituierenden Sitzung des Landtags im Mai 2016 sollte der Heilbronner AfD-Abgeordnete Rainer Podeswa zum Vorsitzenden des bedeutenden Finanzausschusses gewählt werden. Der Vorsitz dieses Gremiums geht traditionell an die größte Oppositionsfraktion, diesmal also an die AfD. Podeswas Wahl verzögerte sich, weil die CDU-Fraktion noch Fragen an ihn hatte. Podeswa hatte nämlich eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Heilbronn akzeptiert. Diese hatte ihm verboten, falsche Behauptungen über einen Stadtrat der Freien Wähler zu wiederholen.
Kurz darauf spaltete sich die AfD im Landtag in zwei Fraktionen. Knackpunkt war der Umgang mit dem Abgeordneten Wolfgang Gedeon, der antisemitische Schriften verfasst hatte. Die SPD wurde stärkste Oppositionskraft. Auf Vorschlag der SPD wurde der ehemalige Justizminister Rainer Stickelberger zum Vorsitzenden des Finanzausschusses gewählt. Auch nach der Wiedervereinigung der AfD-Fraktionen gab die SPD den Vorsitz nicht ab. Sie hält zudem die Vorsitze des Umwelt- sowie des Sozialausschusses.
Dem Vernehmen nach scheinen AfD- und SPD-Fraktion kurz vor einer Einigung zu sein. „Uns steht in der Tat ein weiterer Ausschussvorsitz zu“, erklärt AfD-Fraktionschef Jörg Meuthen. „Wir haben der SPD ein Gesprächsangebot unterbreitet und eine positive Rückmeldung erhalten.“Ob sich die SPD allerdings vom Vorsitz des einflussreichen Finanzausschusses trennt, bleibt offen. „Welcher Ausschuss es am Ende sein wird, werden wir sehen“, sagt Meuthen. Die SPD-Fraktion wollte sich zum Vorgang nicht äußern.