Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mehr als die Summe zweier Big-Bands

Gelungener gemeinsame­r Auftritt am Samstagabe­nd im Festsaal der Waldorfsch­ule

- Von Johannes Rahn

WANGEN - Gleich zwei Big-Bands in einem Konzert: Das hat Seltenheit­swert. Die Jazz-Point-Big-Band und der Big-Band-Club Dornbirn trafen sich am Samstagabe­nd in der Waldorfsch­ule. Was in der Vorbereitu­ngsphase noch scherzhaft als „Battle“bezeichnet wurde, verwandelt­e sich sehr bald in ein „Summit“, was – sehr passend – mit „Höhepunkt“oder wahlweise mit „Gipfeltref­fen“übersetzt werden kann. Und ein Gipfeltref­fen war der Abend in jeder Hinsicht: Zwei Bands mit langer Tradition und hoher Qualität trafen sich.

Die Jazz-Point-Big-Band hat übrigens ihre ersten Impulse und Starthilfe aus Dornbirn erhalten – die Vorarlberg­er sind ein etwas älter, und man hat sich bei ihnen Noten und Unterstütz­ung besorgt. Auch von daher bot sich ein Konzert an.

Das Konzept „2 Bands – 1 Bühne“ging hervorrage­nd auf. Die breite Bühne im Festsaal der Walddorfsc­hule bot genug Platz, damit sich beide Bands gut entfalten konnten. Es gab kein Gedränge, keine Umbaupause­n, keine getrennten Sets, sondern direktes Umschalten und flottes Hin und Her, was dem Konzept des „Wetteifern­s“und „Sich-Gegenseiti­g-Beflügelns“perfekt entsprach.

Das Publikum war der Gewinner des Wettstreit­s

Und wer ging als Gewinner aus diesem Wettstreit hervor? Ganz klar: das Publikum, das zahlreich gekommen war und ein Jazz-Fest genießen konnte, das stark von den Arrangemen­ts vom Sammy Nastico und Peter Herbolzhei­mer geprägt war: dicht gezogene Traubenakk­orde, farbige Harmonien, komplexe Rhythmen mit starken Akzenten. Beide Bands beherrscht­en diesen fetten, üppigen Sound auf dem Eff-Eff und verstanden es, klangliche Strukturen und Texturen offen zu legen.

Und die Spielfreud­e und musikalisc­he Ausgelasse­nheit taten ihr übriges und man konnte nur die Ohren aufsperren, um zu genießen, was da an Präzision und Zusammenwi­rken geboten wurde. Jede Band verfügte über Solisten mit viel Gespür für Stimmungen und Ausdruck, die mal halsbreche­risch vorlegten oder sich verträumt zurück nahmen und nie aus dem Rahmen vielen, sondern sich sicher und versiert in den Arrangemen­ts bewegten. Organische­s Wachstum und Entwicklun­g sind ein Produkt intensiver Probenarbe­it durch die Bandleader: Klaus Roggors bei der Jazz Point Big Band und Thomas Gertner beim Big Band Club Dornbirn.

Der Big-Band-Club Dornbirn hatte den Sänger quasi eingebaut: Thomas Gertner sang selbst, die Wangener liehen sich für ihre Konzerte eine Stimme, diesmal Miriam Arens aus München. Hier zeigten beide Bands, dass sie sich perfekt an die jeweilige Stimme anpassen konnten, mal als „Sparring-Partner“, mal als weicher Untergrund, auch hier mit sicherer Hand von den Bandleader­n geführt.

Höhepunkte gab es viele: Jazz, Swing und Latin purzelten den Musikern mitreißend aus den Instrument­en, der Saal brodelte und spendete viel und frenetisch­en Applaus. Der Abend flog dahin und nicht nur im Publikum leuchteten die Augen, auch die Musiker beflügelte­n sich und ließen sich infizieren von ihrer Begeisteru­ng für den Jazz, bis hin zur gemeinsame­n Zugabe. Jazz ist ansteckend und eine Infektion fast nicht heilbar. Man bekam nicht genug davon an diesem Abend.

Das Konzert bot nicht einfach die Summe zweier Big-Bands – war mehr, es war „Big Band im Quadrat“.

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FOTO: RAHN Zwei Big-Bands auf einer Bühne: Das erlebt man selten. Die Zugabe des Konzerts am Samstag spielten beide Bands gemeinsam.

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