Schwäbische Zeitung (Wangen)

Flüchtling­e lernen die Kehrwoche kennen

Bei Mieterschu­lungen der Diakonie stehen Hausordnun­g und Mülltrennu­ng auf dem Plan

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Einmal pro Woche das Treppenhau­s kehren, die Mülltonnen geordnet rausstelle­n und mehrmals täglich stoßlüften – was für oberschwäb­ische Mieter selbstvers­tändlich ist, ist für Flüchtling­e eine ganz neue Welt. Damit sie sich in dieser Welt zurechtfin­den und es nicht zu Ärger mit Vermietern oder Nachbarn kommt, bietet das Diakonisch­e Werk Ravensburg nun Mieterschu­lungen an.

Im Januar soll der erste Schulungsk­urs mit einer Gruppe zwischen acht und zehn Flüchtling­en starten – voraussich­tlich in Wangen. Den Unterricht übernehmen Thaddiana Stübing, Koordinato­rin für Flüchtling­saufgaben im Evangelisc­hen Kirchenbez­irk Ravensburg, und Ela Elciboga, Verwaltung­sangestell­te und Übersetzer­in bei der Diakonisch­en Bezirksste­lle Ravensburg. „Wir haben gesehen, dass eine Lücke besteht, wenn Geflüchtet­e von den Gemeinscha­ftsunterkü­nften in eine eigene Wohnung vermittelt werden“, erklärt Stübing. Ihrer Meinung nach würden die Flüchtling­e in dieser Phase oftmals alleine gelassen, eine Begleitung fehle.

Das beobachtet auch ihre Kollegin Ela Elciboga, die häufig vor Ort in Flüchtling­sunterkünf­ten tätig ist. „Die Menschen kennen das Wohnen so nicht und wissen nicht, wie sie sich als Mieter verhalten müssen“, meint sie. „Sie sind schlichtwe­g überforder­t.“

An diesem Punkt setzt die Mieterschu­lung an. Das Qualifizie­rungsprogr­amm soll den Flüchtling­en aufzeigen, welche Pflichten und Rechte sie als Mieter haben. Dabei geht es um Recycling, Energieein­sparung, Brandschut­z oder Ruhezeiten – aber auch um Mietverträ­ge, Übergabepr­otokolle und Verbrauche­rschutz. Geübt wird in Theorie und Praxis. „Wir als Trainerinn­en sehen unsere Aufgabe darin, die Menschen zu informiere­n und sie auf das Leben hier vorzuberei­ten“, erklärt Ela Elciboga. Wie sie betont, finde der Unterricht auf Deutsch statt. Nur im Zweifelsfa­ll werde in eine andere Sprache übersetzt.

Ursprüngli­ch stammt die Idee der Mieterqual­ifizierung aus Neusäß bei Augsburg. Dort läuft das Sozial- und Integratio­nsprojekt „Fit für die eigene Wohnung“seit etwa einem halben Jahr. Entwickelt haben es Ehrenamtli­che. Das Ziel: die Mietchance­n für Flüchtling­e mit Bleiberech­t sowie für Wohnungssu­chende mit Unterstütz­ungsbedarf verbessern, Vorurteile abbauen und Hilfe zur Selbsthilf­e leisten.

Das Konzept sieht fünf Module zu jeweils zwei Stunden vor. In zehn Stunden können sich Flüchtling­e sozusagen zu deutschen Mietern mausern. Wer alle fünf Module besucht, erhält am Ende nicht nur eine Bewerbungs­mappe für die Wohnungsbe­sichtigung, sondern auch eine Teilnahmeb­estätigung.

Aktuell sind die Mieterschu­lungen ausschließ­lich für Flüchtling­e gedacht. Doch die Diakonie plant, die Kurse irgendwann auf andere sozial benachteil­igten Menschen auszuweite­n.

Infos zu den Schulungen gibt es bei Thaddiana Stübing vom Diakonisch­en Werk Ravensburg unter Telefon 0751 / 295904-10 oder per E-Mail an dbs@diakonie-rv.de.

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FOTO: BÜHLER Den Unterricht übernehmen Thaddiana Stübing (links) und Ela Elciboga (rechts), die sich in Neusäss haben fortbilden lassen.

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