Kraftwerkspläne an Wildfluss vor Gericht
Im Oberallgäu soll im Naturschutzgebiet bei Bad Hindelang Strom erzeugt werden
BAD HINDELANG - Die Eisenbreche im Hintersteiner Tal bei Bad Hindelang ist eine höchst eindrucksvolle Klamm. Sie selbst gilt als Naturdenkmal, ihre Umgebung ist Naturschutzsowie Fauna-Flora-Habitat-Gebiet. Dennoch gibt es Pläne, dort ein kleines Wasserkraftwerk zu errichten. Am heutigen Dienstag berät nun das Augsburger Verwaltungsgericht, ob eine vorliegende Baugenehmigung rechtens ist. Sie war vom zuständigen Landratsamt Oberallgäu ausgestellt worden.
Das Projekt nennt sich „Wasserkraftwerk Älpele“. Es betrifft die Ostrach, einen an dieser Stelle weitgehend unberührten Gebirgsbach. Bei der Eisenbreche könnte er relativ einfach aufgestaut werden. Weshalb es seit Längerem Pläne gibt, ein Kraftwerk zu errichten. Sie wurden vor gut zwei Jahren konkret. Anvisiert wird eine Anlage mit drei Turbinen. Rund 2700 Haushalte könnten damit nach den vorliegenden Unterlagen mit Strom versorgt werden.
Das Landratsamt war einverstanden. Es hatte aber seinerzeit eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterlassen. Landrat Anton Klotz (CSU) begründete dies damit, es sei rechtens, darauf zu verzichten, „wenn übergeordnete Belange dies rechtfertigen“. Als übergeordnete Belange sah das Landratsamt die möglichen Beiträge des Wasserkraftwerks für die Energiewende und den Klimaschutz. Umweltschützer ließen dies nicht gelten. Der Landesverband für Vogelschutz und der Bund Naturschutz klagten vor dem Verwaltungsgericht.
Fehlende Umweltprüfung
Dass sich die Juristen erst jetzt in öffentlicher Sitzung mit dem Thema beschäftigen, hat wiederum mit der fehlenden Umweltverträglichkeitsprüfung zu tun. Das Verwaltungsgericht teilte nämlich nicht die Rechtsposition des Landratsamtes. Es forderte die Prüfung ein. Sie wurde nachgereicht. Prinzipiell sieht das Landratsamt durch den Bau des Älpele-Kraftwerks nur „geringe Eingriffe“in das Naturschutzgebiet. Die Bauträger des Projekts werden zudem nicht müde, von einem „sehr behutsamen Vorgehen“zu sprechen.
Vier Gesellschafter stecken hinter den Plänen. Einer davon ist die Marktgemeinde Bad Hindelang. Das Hintersteiner Tal gehört zu ihrer Gemarkung. Sie verspricht sich eine stabile Stromversorgung. Wobei Bad Hindelang traditionell auf Wasserkraft setzt. 17 entsprechende Kraftwerke laufen bereits auf Gemeindegebiet. Zum großen Teil werden diese vom Elektrizitätswerk Hindelang betrieben. Es ist ein weiterer Gesellschafter des nun geplanten Kraftwerks. Hinzu kommen noch zwei Alpgenossenschaften. Sie haben historisch verbriefte Bodenrechte im Projektbereich.
Fünf Meter hohe Staumauer
Die potenziellen Kraftwerksbauer feiern sich in einer Stellungsnahme selber: „Wir Gesellschafter sind seit Jahrzehnten, beziehungsweise seit Jahrhunderten verantwortungsvolle Bewahrer und Bewirtschafter des Ostrachtals.“Seit 110 Jahren wird dort auch bereits Strom erzeugt – aber eben im vorderen Talbereich. Bei der Eisenbreche gab es vor vielen Generationen zeitweise einen geringfügigen Erzabbau. Nun soll dort eine fünf Meter hohe Staumauer eingezogen werden. Hinzu käme beim Umsetzen der Pläne noch eine unterirdische, knapp 1,5 Kilometer lange Druckleitung. Sie würde in dem noch zu errichtenden Turbinenhaus enden. Oliver Braun, Geschäftsführer des Elektrizitätswerks Hindelang betonte bereits in der Vergangenheit: Man greife zwar in sensibles Gebiet ein. Es würden jedoch „wesentlich mehr Ausgleichsmaßnahmen als gesetzlich vorgeschrieben“geschaffen.
Für die beiden klagenden Naturschutzverbände ist das Projekt jedoch eine Zumutung. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes Naturschutz, sagt: „Hier hat der Naturschutz eindeutig Vorrang vor der Energieerzeugung.“Norbert Schäffer, Chef des Landesbundes für Vogelschutz, sieht den betreffenden Ostrach-Abschnitt als „eine der letzten Alpenwildflusslandschaften“. Sie sei Lebensraum für viele geschützte Tier- und Pflanzenarten.
Mit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Augsburg wird heute noch nicht gerechnet. Üblicherweise veröffentlicht es das Urteil nach einer Beratungsfrist.