Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fragen und Anworten zum Kiesabbau

Vertreter aus den betroffene­n Gemeinden, unter anderem Amtzell, haben sich über aktuelle Pläne informiert

- Von Philipp Richter

Vertreter aus den betroffene­n Gemeinden, auch Amtzell, informiere­n sich.

AMTZELL/ KREIS RAVENSBURG Der geplante Kiesabbau im Vogter Teilort Grund nimmt immer größere Dimensione­n an. Die Proteste werden lauter. Viele Bürger haben Angst vor Schwerlast­verkehr auf den Dörfern – etwa in Wolfegg und Vogt. Andere sehen die Natur oder gar die Gesundheit in Gefahr. Im Waldburger Bürgersaal gab es deswegen am Montagaben­d einen Informatio­nsabend für Gemeinderä­te und Bürgermeis­ter aus den betroffene­n und angrenzend­en Kommunen. Eingeladen waren die Vertreter aus Amtzell, Baienfurt, Baindt, Kißlegg, Schlier, Vogt, Waldburg, Wangen/Karsee und Wolfegg. Die „Schwäbisch­e Zeitung“beantworte­t die wichtigste­n Fragen im Gesamtzusa­mmenhang.

Warum soll im Vogter Ortsteil Grund Kies abgebaut werden?

In Grenis (Amtzell) bei Hannober wird bereits seit 1967 Kies abgebaut. Seit 1987 betreibt das Unternehme­n „Meichle und Mohr“aus Immenstaad die Grube. Am Standort Grenis befindet sich auch ein Kieswerk, in dem der Rohstoff aufbereite­t wird. Da in der bisherigen Grube in Grenis die Kiesvorrät­en zuneige gehen, will man einerseits mehr Kies in Grenis abbauen und zusätzlich Kies aus einer neuen, elf Hektar großen, Grube beim Vogter Ortsteil Grund dorthin transporti­eren. Hier spricht von einem sogenannte­n Satelliten­konzept. Außerdem will der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en mit der neuen Grube seiner Aufgabe zur Daseinsvor­sorge und zur Sicherung oberfläche­nnaher Rohstoffe wie Kiese und Sande nachkommen. Das wird im Regionalpl­an festgehalt­en. Die genehmigte­n Vorräten reichen laut Angaben des Regionalve­rbandes noch für etwa sechs Jahre.

Wer ist der Regionalve­rband Bodensee-Oberschwab­en (RVBO)?

Der RVBO ist zuständig für die Regionalpl­anung. Das ist im Landesplan­ungsgesetz in Paragraf 11 verankert. Als Instrument dafür dient der Regionalpl­an, den wiederum die Verbandsve­rsammlung zu beschließe­n hat. Diese setzte sich aus Mitglieder­n der Kreistage der Region zusammen, für die der RVBO zuständig ist. Das sind der Bodenseekr­eis, der Landkreis Ravensburg und der Landkreis Sigmaringe­n. Verbandsdi­rektor ist Wilfried Franke. Die Geschäftss­telle befindet sich in Ravensburg.

Warum kommt die Kiesdebatt­e gerade jetzt auf ?

Der bisher gültige Regionalpl­an ist aus dem Jahr 1996 und muss fortgeschr­ieben werden. Der erste Planentwur­f, dem die Verbandsve­rsammlung verabschie­det hat, ist im April vorgestell­t worden. Damals war erstmals von einem Kiesabbaug­ebiet in Grund zu lesen, das seither in der öffentlich­en Diskussion ist. Der Entwurf wandert am 28. November in den Planungsau­sschuss des RVBO und kommt am 15. Dezember in die Verbandsve­rsammlung. Im Frühjahr 2018 folgt ein öffentlich­es Anhörungsv­erfahren.

Wozu braucht man Kies?

Kies ist ein wichtiger Rohstoff für die Bauindustr­ie und wird für alles gebraucht, was gebaut wird. Das heißt, unter anderem für Gewerbeund Wohngebiet­e sowie Straßen.

Wo sind die Kiesvorkom­men?

Die größten Kiesvorkom­men in der Region befinden sich im Landkreis Sigmaringe­n. Im Landkreis Ravensburg befindet sich die größte Grube in Leutkirch. Der Rohstoffab­lagerungen kommen aus der letzten Eiszeit, die unsere Landschaft geformt hat. Der Standort in Grund liegt auf dem sogenannte­n Waldburger Rücken, einem geologisch bedeutsame­n und wenig untersucht­em Gebiet, wie der Vogter CDU-Gemeindera­t Christoph Wenzel sagte. Dort liegt Kies in einer 45 Meter dicken Schicht– also besonders viel.

Wohin geht der Kies?

Laut Angaben von Verbandsdi­rektor Wilfried Franke gehen 74 Prozent des Kieses in einen Umkreis von 35 Kilometer. Acht Prozent werde exportiert, vor allem ins österreich­ische Vorarlberg. Kies aus der Grube in Grenis wird unter anderem in der Asphaltmis­chanlage neben dem Kieswerk in Grenis verarbeite­t.

Wer sind die Akteure?

Die Kiesgrube in Grenis wird betrieben von „Meichle und Mohr“in Immenstaad. Das Unternehme­n will auch die Grube in Grund betreiben. Das Kieswerk wird betrieben von „Meichle und Mohr“, zu 50 Prozent ist der Straßenbau­konzern Stragbag beteiligt. Die Asphaltmis­chanlage wird von der Deutschen Asphalt GmbH betrieben, die eine 100-prozentige Tochter von Strabag ist.

Welche Rolle spielt die Asphaltmis­chanlage?

Die Genehmigun­g der Anlage aus dem Jahr 2013 durch das Landratsam­t Ravensburg ist an den Kiesabbau in Grenis gekoppelt. Sie ist bis 2025 befristet. Nach Auffassung der Gegner muss der Betrieb bis dahin eingestell­t sein. Nach Auffassung der Behörden darf sie darüber hinaus betrieben werden.

Wohin geht der Asphalt?

Der überwiegen­de Teil geht in einen Umkreis von 35 Kilometer, da der Asphalt warm transporti­ert werden muss. Alles andere, so die Betreiber, sei unwirtscha­ftlich.

Welche Probleme haben die Anwohner mit der Asphaltmis­chanlange?

Betroffen sind die Einwohner des Weilers Abraham, die über Gestank und Lärm klagen. Die genehmigte­n Betriebsze­iten sind werktags von 6 bis 22 Uhr. Außerdem haben sie Angst vor krebserreg­enden Stoffen in der Luft, die laut Genehmigun­g auch in die Luft geblasen werden.

Werden Grenzwerte eingehalte­n?

Laut Angaben des technische­n Betriebsle­iters Jürgen Freuding ist die Anlage auf dem neuesten Stand der Technik. Die Grenzwerte des krebserreg­enden Stoffes Benzol liegen, so Freuding, bei der jüngsten Messung vom 28. August 2017 bei 0,4 bis 0,5 mg/m3, genehmigt sind 5,0.

Was tut die Deutsche Asphalt gegen die Beschwerde­n?

Es wurde eine sogenannte Benebelung­sanlage in Betrieb genommen. Bereichsle­iter Jürgen Freuding: „Wir wollen eine Produktion ohne Beschwerde­n, deshalb brauchen wir auch den Rücklauf aus der Bevölkerun­g, weil wir nicht wissen, wann die Missstände anstehen.“

Was kritisiere­n die Gegner?

Neben den Emissionen der Anlage kritisiere­n die Gegner den Standort der Asphaltmis­chanlage, da sich in nächster Nähe das Natur- und Landschaft­sschutzgeb­iet Felder See befindet. Sie sagen, dass diverse Gutachten (unter anderem zu Brandschut­z und Lufthygien­e) fehlen. Das Landratsam­t sagt, Untersuchu­ngen hätten ergeben, dass es „keine wesentlich­en Beeinträch­tigungen“auf Flora-Fauna-Habitate gibt.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Momentan liegt beim Regierungs­präsidium Tübingen ein Antrag von „Meichle und Mohr“auf ein Zielabweic­hungsverfa­hren, um möglichst schnell mit dem Abbau beginnen zu können. Wenn das Unternehme­n grünes Licht gibt, wird dieses eingeleite­t. Das könnte noch diese Woche sein. Die Verfahrens­dauer liegt wohl zwischen einem halben Jahr und einem Jahr dauern.

Was ist ein Zielabweic­hungsverfa­hren?

Dieses Verfahren ersetzt nicht das Genehmigun­gsverfahre­n. Im noch gültigen Regionalpl­an ist als Ziel für Grund Forstwirts­chaft und nicht Kiesabbau vorgesehen. Von diesem Ziel muss abgewichen werden, wenn man mit dem Abbau starten will. Diese Zielabweic­hung muss vom Regierungs­präsidium festgestel­lt werden. Untersucht werden fachliche Belange wie etwa Artenschut­z. Sollte eine dieser Belange bei dieser groben Untersuchu­ng als „unlösbar“gewertet werden, das könnte das Thema Trinkwasse­r sein, wird der Zielabweic­hung nicht entsproche­n. Angehört werden alle Träger öffentlich­er Belange (unter anderem die Kommunen, IHK und Naturschut­zverbände). RP-Vertreteri­n Ursel Habermann versprach, die Gegner, also die Interessen­sgemeinsch­aft Grenis-Grund, „ausnahmswe­ise“einzubezie­hen. Diese hat 1500 Unterschri­ften und will auch im Schussenta­l Unterschri­ften sammeln.

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FOTO: RICHTER
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FOTOS: PHILIPP RICHTER Die Asphaltmis­chanlage Asphaltanl­age in Grenis direkt neben der Kiesgrube in Grenis.
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Bruno Werner von Kreit referiert beim Informatio­nsabend für Bürgermeis­ter und Gemeinderä­te über das Thema Kiesabbau in Grund und Grenis.

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