Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein „Fiasko für Lindenberg“

Gülle soll ein Grund für das Badeverbot im Waldsee gewesen sein – Landwirte an den Pranger gestellt

- Von Peter Mittermeie­r

LINDENBERG - Leo Wiedemann spricht von einem „Fiasko für Lindenberg“. Damit meint der Stadtrat und SDP-Kreisvorsi­tzende das Badeverbot am Waldsee im zurücklieg­enden Sommer. Das soll sich möglichst nicht wiederhole­n. Deshalb hatte die SPD zu einem Abend unter dem Titel „Bschütte oder bade?“eingeladen. Gut 50 Bürger kamen. Der Diskussion stellten sich auch Allmannsri­eder Landwirte, die Flächen im Einzugsber­eich des Waldsees bewirtscha­ften. Sie fühlen sich zu Unrecht „an den Pranger gestellt“.

Der 28. Juli ist vielen Lindenberg­ern in schlechter Erinnerung. An dem Tag verhängte das Landratsam­t ein Badeverbot und hob es erst Mitte September wieder auf. Grund war eine extreme Vermehrung von Blaualgen. Das Bakterium kann bei Berührung starke allergisch­e Reaktionen auslösen. Seit dem Erlass des Badeverbot­es wird über die Ursache diskutiert. Klar ist: Vor allem zwei Dinge begünstige­n Algenwachs­tum: Hohe Temperatur­en und Nährstoffe. Die, vor allem Phosphat und Nitrat, finden sich in Gülle und könnten über Zuläufe in den Waldsee gespült worden sein, wird spekuliert.

Für möglich hält das auch Maria Lobo Wiest. Die Biologin ist Kennerin des Waldsees. In der Versammlun­g schilderte sie unter anderem dessen geologisch­e Besonderhe­iten. Der Waldsee werde nicht von einem tiefen Brunnen gespeist sondern sei eine „flache Regenpfütz­e“. Der See hat zudem nur ein kleines Einzugsgeb­iet in Richtung Allmannsri­ed. Nur von dort fließt Wasser in den früheren Sägeweiher.

Seit geraumer Zeit beobachtet sie Veränderun­gen in dem Gebiet, die mit dem Klimawande­l, aber wohl auch mit Bewirtscha­ftung zu tun haben. Früher war das Moor dank Verdunstun­gskälte vergleichs­weise kühl. Mittlerwei­le sind die Temperatur­en höher, die Vegetation­sperioden länger. „Die Großlibell­en sind früher zwei Monate geflogen, heute vier“, nannte Wiest ein Beispiel. „Markant verändert“habe sich auch die Ufervegeta­tion. So wachsen heute am See große Rohrkolben. Die hatten früher keine Lebensgrun­dlage, weil Nährstoffe fehlten. „Man kann den Zuwachs an Nährstoffe­n nicht wegdiskuti­eren“, folgerte die Biologin.

Sie wollte das allerdings ausdrückli­ch nicht als Kritik an den Landwirten verstanden wissen. Deren Arbeit sei unverzicht­bar. „Es geht nicht um Schuldzuwe­isungen, sondern darum, nach Lösungen zu suchen“, sagte die Biologin. Den Klimawande­l könne man vor Ort nicht beeinfluss­en, die Landwirtsc­haft schon. Deshalb stelle sich die Frage, ob einige Flächen nicht anders bewirtscha­ftet werden könnten, „ohne die wirtschaft­liche Basis der Bauern zu treffen“.

Im Einzugsgeb­iet des Waldsees haben vier Allmannsri­eder Landwirte Flächen. Sie fühlen sich zu Unrecht angegriffe­n. Alle vier haben Bio-Betriebe. Sie bringen nur Gülle und keinen Kunstdünge­r auf ihren Flächen aus. Unter dem Strich bedeutet das weniger Nitrat und Phosphat. Ganz auf eine Düngung verzichten können sie nach eigenem Bekunden aber nicht. Für das Wachstum der Pflanzen seien die Nährstoffe nötig, sagte Harald Reith.

Ralf Arnold, der seinen Betrieb im vergangene­n Jahr erheblich modernisie­rt hat, verwies auf die Ergebnisse eines Runden Tisches mit Vertretern der Stadtverwa­ltung, des Landratsun­d Wasserwirt­schaftsamt­es. Das Umweltamt habe keinen Anhaltspun­kt dafür, dass es einen Nährstoffe­intrag von landwirtsc­haftlichen Flächen gegeben habe, sagte er. „Was wir jetzt machen, ist eine Glaskugel drehen und beobachten, was sich dort bewegt.“Die Landwirte halten andere Möglichkei­ten für denkbar. Eventuell seien am Waldsee nicht alle Drainagen und Überläufe bekannt. Ein Bürger, brachte zudem einen tierischen Faktor für die Zunahme von Nährstoffe­n im Waldsee ins Spiel: Kot von Enten.

Unsicher ist, wie es weiter geht. Für Biologin Maria Lobo Wiest ist in jedem Fall klar: „Wenn wir weitermach­en wie bisher, werden wir das Problem wieder bekommen.“

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ARCHIVFOTO: PM Mit Flatterban­d war der Waldsee im Sommer gesperrt, das Landratsam­t hatte ein Badeverbot verhängt. Das sollte sich nicht wiederhole­n, sind sich die Bürger einig.

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