Ein „Fiasko für Lindenberg“
Gülle soll ein Grund für das Badeverbot im Waldsee gewesen sein – Landwirte an den Pranger gestellt
LINDENBERG - Leo Wiedemann spricht von einem „Fiasko für Lindenberg“. Damit meint der Stadtrat und SDP-Kreisvorsitzende das Badeverbot am Waldsee im zurückliegenden Sommer. Das soll sich möglichst nicht wiederholen. Deshalb hatte die SPD zu einem Abend unter dem Titel „Bschütte oder bade?“eingeladen. Gut 50 Bürger kamen. Der Diskussion stellten sich auch Allmannsrieder Landwirte, die Flächen im Einzugsbereich des Waldsees bewirtschaften. Sie fühlen sich zu Unrecht „an den Pranger gestellt“.
Der 28. Juli ist vielen Lindenbergern in schlechter Erinnerung. An dem Tag verhängte das Landratsamt ein Badeverbot und hob es erst Mitte September wieder auf. Grund war eine extreme Vermehrung von Blaualgen. Das Bakterium kann bei Berührung starke allergische Reaktionen auslösen. Seit dem Erlass des Badeverbotes wird über die Ursache diskutiert. Klar ist: Vor allem zwei Dinge begünstigen Algenwachstum: Hohe Temperaturen und Nährstoffe. Die, vor allem Phosphat und Nitrat, finden sich in Gülle und könnten über Zuläufe in den Waldsee gespült worden sein, wird spekuliert.
Für möglich hält das auch Maria Lobo Wiest. Die Biologin ist Kennerin des Waldsees. In der Versammlung schilderte sie unter anderem dessen geologische Besonderheiten. Der Waldsee werde nicht von einem tiefen Brunnen gespeist sondern sei eine „flache Regenpfütze“. Der See hat zudem nur ein kleines Einzugsgebiet in Richtung Allmannsried. Nur von dort fließt Wasser in den früheren Sägeweiher.
Seit geraumer Zeit beobachtet sie Veränderungen in dem Gebiet, die mit dem Klimawandel, aber wohl auch mit Bewirtschaftung zu tun haben. Früher war das Moor dank Verdunstungskälte vergleichsweise kühl. Mittlerweile sind die Temperaturen höher, die Vegetationsperioden länger. „Die Großlibellen sind früher zwei Monate geflogen, heute vier“, nannte Wiest ein Beispiel. „Markant verändert“habe sich auch die Ufervegetation. So wachsen heute am See große Rohrkolben. Die hatten früher keine Lebensgrundlage, weil Nährstoffe fehlten. „Man kann den Zuwachs an Nährstoffen nicht wegdiskutieren“, folgerte die Biologin.
Sie wollte das allerdings ausdrücklich nicht als Kritik an den Landwirten verstanden wissen. Deren Arbeit sei unverzichtbar. „Es geht nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, nach Lösungen zu suchen“, sagte die Biologin. Den Klimawandel könne man vor Ort nicht beeinflussen, die Landwirtschaft schon. Deshalb stelle sich die Frage, ob einige Flächen nicht anders bewirtschaftet werden könnten, „ohne die wirtschaftliche Basis der Bauern zu treffen“.
Im Einzugsgebiet des Waldsees haben vier Allmannsrieder Landwirte Flächen. Sie fühlen sich zu Unrecht angegriffen. Alle vier haben Bio-Betriebe. Sie bringen nur Gülle und keinen Kunstdünger auf ihren Flächen aus. Unter dem Strich bedeutet das weniger Nitrat und Phosphat. Ganz auf eine Düngung verzichten können sie nach eigenem Bekunden aber nicht. Für das Wachstum der Pflanzen seien die Nährstoffe nötig, sagte Harald Reith.
Ralf Arnold, der seinen Betrieb im vergangenen Jahr erheblich modernisiert hat, verwies auf die Ergebnisse eines Runden Tisches mit Vertretern der Stadtverwaltung, des Landratsund Wasserwirtschaftsamtes. Das Umweltamt habe keinen Anhaltspunkt dafür, dass es einen Nährstoffeintrag von landwirtschaftlichen Flächen gegeben habe, sagte er. „Was wir jetzt machen, ist eine Glaskugel drehen und beobachten, was sich dort bewegt.“Die Landwirte halten andere Möglichkeiten für denkbar. Eventuell seien am Waldsee nicht alle Drainagen und Überläufe bekannt. Ein Bürger, brachte zudem einen tierischen Faktor für die Zunahme von Nährstoffen im Waldsee ins Spiel: Kot von Enten.
Unsicher ist, wie es weiter geht. Für Biologin Maria Lobo Wiest ist in jedem Fall klar: „Wenn wir weitermachen wie bisher, werden wir das Problem wieder bekommen.“