„Einstein hätte nicht mittrommeln dürfen“
Scharfe Kritik am neuen Verfahren für Troko und Landsknechte Ravensburg
RAVENSBURG - Die von den Schulleitungen der Ravensburger Gymnasien geplanten Änderungen beim Auswahlverfahren für die Trommlergruppen am Rutenfest stoßen auf heftige Kritik. Ein entsprechender Bericht der „Schwäbischen Zeitung“hat in verschiedenen Internetforen einige Debatten ausgelöst.
Wie berichtet, haben die Schulleitungen der Gymnasien in einem Schreiben an die Schüler Änderungen beim Auswahlverfahren mitgeteilt. Die Rektoren wollen künftig stärker mitreden, wer im Trommlerkorps oder bei den Landsknechten mitmachen darf. Dazu gehören Auflagen bei Fach- und Verhaltensnoten: Wer einen Notenschnitt schlechter als 3,0 hat oder eine Verhaltensnote schlechter als „gut“, soll nicht mehr wählbar sein. Auch wer Verhaltenseinträge vorweist, hat keine Chance mehr. In jedem einzelnen Fall wollen sich die Schulleitungen ein VetoRecht vorbehalten.
„Das kann unmöglich ernst gemeint sein“, heißt es dazu in einem Beitrag im Internet. Ein anderer Leser schreibt: „Das Schlimmste, was ich seit Langem von den Schulen in Ravensburg gelesen habe.“Ein Ehemaliger ergänzt: „In meinem Jahrgang und vielen anderen Jahrgängen der Landsknechte waren mehrere Schüler dabei, die sogar teilweise beide Kriterien nicht erfüllt haben.
Aus diesen damals vielleicht etwas faulen oder aufmüpfigen Jugendlichen ist etwas geworden.“Kritik gibt es insbesondere am pädagogischen Ansatz und am Demokratieverständnis der Schulleitungen: „Und so möchte man im 21. Jahrhundert allen Ernstes selbstständig denkende und handelnde Studenten und letztendlich mündige Staatsbürger erziehen?“Und: „Noten als Druckmittel für Brauchtum und Selbsterfahrung zu nutzen, ist denkbar unpassend.“In einem weiteren Beitrag heißt es: „Man züchtet sich dadurch eine Generation von Duckmäusern. Wenn das Erziehung ist, dass ich mich immer den Obrigkeiten unterwerfen muss, geht es gegen mein Verständnis von Erziehung.“
Im Ravensburger Stadtrecht sind die Grundsätze für den Umgang mit den Trommlergruppen am Rutenfest festgeschrieben. Trommlerkorps und Landsknechte sollen sich demnach „demokratisch organisieren“. Gegenüber der SZ sagte der geschäftsführende Schulleiter der Gymnasien, Mark Overhage, durch die Änderungen würde dieser Grundsatz nicht angetastet, denn die Schüler könnten sich auch weiterhin demokratisch organisieren – innerhalb ihrer Gruppen.
„Etwas befremdlich ist natürlich das Demokratieverständnis eines Rektors, der vermutlich auch die Volkskammerwahlen in der Deutschen Demokratischen Republik als demokratisch ansehen würde, zumindest innerhalb der Gruppe“, ist dazu als Kommentar zu lesen.
Im Internet werden die Trommlergruppen nicht nur zum Streik aufgerufen. Auch juristische Schritte werden erwogen. Eher nachdenklich ist der Kommentar zur Einführung eines verbindlichen Notenschnitts für künftige Troko- und Landsknechtkandidaten: „Albert Einstein hatte in Mathe ein ,Ausreichend’ und dürfte demnach an dem nach ihm benannten Albert-Einstein-Gymnasium in Zukunft nicht mittrommeln.“