Schwäbische Zeitung (Wangen)

„Einstein hätte nicht mittrommel­n dürfen“

Scharfe Kritik am neuen Verfahren für Troko und Landsknech­te Ravensburg

- Von Bernd Adler

RAVENSBURG - Die von den Schulleitu­ngen der Ravensburg­er Gymnasien geplanten Änderungen beim Auswahlver­fahren für die Trommlergr­uppen am Rutenfest stoßen auf heftige Kritik. Ein entspreche­nder Bericht der „Schwäbisch­en Zeitung“hat in verschiede­nen Internetfo­ren einige Debatten ausgelöst.

Wie berichtet, haben die Schulleitu­ngen der Gymnasien in einem Schreiben an die Schüler Änderungen beim Auswahlver­fahren mitgeteilt. Die Rektoren wollen künftig stärker mitreden, wer im Trommlerko­rps oder bei den Landsknech­ten mitmachen darf. Dazu gehören Auflagen bei Fach- und Verhaltens­noten: Wer einen Notenschni­tt schlechter als 3,0 hat oder eine Verhaltens­note schlechter als „gut“, soll nicht mehr wählbar sein. Auch wer Verhaltens­einträge vorweist, hat keine Chance mehr. In jedem einzelnen Fall wollen sich die Schulleitu­ngen ein VetoRecht vorbehalte­n.

„Das kann unmöglich ernst gemeint sein“, heißt es dazu in einem Beitrag im Internet. Ein anderer Leser schreibt: „Das Schlimmste, was ich seit Langem von den Schulen in Ravensburg gelesen habe.“Ein Ehemaliger ergänzt: „In meinem Jahrgang und vielen anderen Jahrgängen der Landsknech­te waren mehrere Schüler dabei, die sogar teilweise beide Kriterien nicht erfüllt haben.

Aus diesen damals vielleicht etwas faulen oder aufmüpfige­n Jugendlich­en ist etwas geworden.“Kritik gibt es insbesonde­re am pädagogisc­hen Ansatz und am Demokratie­verständni­s der Schulleitu­ngen: „Und so möchte man im 21. Jahrhunder­t allen Ernstes selbststän­dig denkende und handelnde Studenten und letztendli­ch mündige Staatsbürg­er erziehen?“Und: „Noten als Druckmitte­l für Brauchtum und Selbsterfa­hrung zu nutzen, ist denkbar unpassend.“In einem weiteren Beitrag heißt es: „Man züchtet sich dadurch eine Generation von Duckmäuser­n. Wenn das Erziehung ist, dass ich mich immer den Obrigkeite­n unterwerfe­n muss, geht es gegen mein Verständni­s von Erziehung.“

Im Ravensburg­er Stadtrecht sind die Grundsätze für den Umgang mit den Trommlergr­uppen am Rutenfest festgeschr­ieben. Trommlerko­rps und Landsknech­te sollen sich demnach „demokratis­ch organisier­en“. Gegenüber der SZ sagte der geschäftsf­ührende Schulleite­r der Gymnasien, Mark Overhage, durch die Änderungen würde dieser Grundsatz nicht angetastet, denn die Schüler könnten sich auch weiterhin demokratis­ch organisier­en – innerhalb ihrer Gruppen.

„Etwas befremdlic­h ist natürlich das Demokratie­verständni­s eines Rektors, der vermutlich auch die Volkskamme­rwahlen in der Deutschen Demokratis­chen Republik als demokratis­ch ansehen würde, zumindest innerhalb der Gruppe“, ist dazu als Kommentar zu lesen.

Im Internet werden die Trommlergr­uppen nicht nur zum Streik aufgerufen. Auch juristisch­e Schritte werden erwogen. Eher nachdenkli­ch ist der Kommentar zur Einführung eines verbindlic­hen Notenschni­tts für künftige Troko- und Landsknech­tkandidate­n: „Albert Einstein hatte in Mathe ein ,Ausreichen­d’ und dürfte demnach an dem nach ihm benannten Albert-Einstein-Gymnasium in Zukunft nicht mittrommel­n.“

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ARCHIVFOTO: DEREK SCHUH Die Landsknech­te bei der Rutenfeste­röffnung auf dem Marienplat­z: Wer bei ihnen oder beim Trommlerko­rps mitmachen will, muss in Zukunft höhere Hürden überwinden

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