„Der BVB ist immer noch der BVB“
Schalkes Ikone Rüdiger Abramczik über das Revierderby und einen der besten Flankengeber in der Bundesliga
RAVENSBURG - Verkehrte Welt im Revier: Vor dem Derby am heutigen Samstag (15.30 Uhr) reist der FC Schalke als Tabellenzweiter zum bedrohlich wankenden Tabellenfünften BVB. Filippo Cataldo hat mit Rüdiger Abramczik, 61, von 1973 bis 1980 Lieblingsflankengeber des Fallrückzieherspezialisten Klaus Fischer bei Schalke und danach auch drei Jahre bei Borussia Dortmund als „Flankengott“tätig, über die Situation tief im Westen gesprochen.
Herr Abramczik, was meinen Sie: Wird Schalke nach dem Revierderby noch vor dem BVB liegen?
Vor drei, vier Wochen hätten Sie mir die Frage gar nicht stellen können, Dortmund war schon so weit weg in der Tabelle. Dass wir jetzt auf Platz zwei liegen, hat natürlich viel zu tun mit dem unerklärlichen Einbruch des BVB. Die Ausgangslage ist für uns diesmal etwas besser, es könnte was drin sein. Aber wir spielen auswärts und der BVB ist immer noch der BVB. Ich könnte mit einem guten Unentschieden leben.
Sie sagen wir, wenn Sie vom FC Schalke sprechen, dabei haben Sie auch drei Jahre für den BVB gespielt.
... und mich dort sogar wohlgefühlt. Schalke hat damals dringend Geld gebraucht und mich verkauft. Ich war dann recht schnell mit Dr. Rauball (damals wie heute BVB-Präsident, die Red.) einig. Danach kam noch eine Anfrage vom FC Bayern München, aber ich stand bei Rauball im Wort und wurde so zum Schalker in Dortmund. Wäre ich zu Bayern gegangen, hätte ich mir wohl einige Anfeindungen erspart.
Haben die Revierderbys für die Spieler noch den gleichen Stellenwert wie damals?
Die wissen schon, worum es geht. Ich kann mir auch vorstellen, dass die momentane Krise des BVB im Derby nicht so eine Rolle spielen wird. Eben weil Derby ist und jeder noch ein bisschen motivierter ist.
Wie bewerten Sie die Qualität der Flanken in der Bundesliga?
Och, könnten mehr sein. Wer mir richtig gut gefällt, ist Philipp Max vom FC Augsburg. Der schlägt mit die besten Flanken in der Bundesliga. Als Linksfuß von der linken Seite. Auf ihn könnte Jogi Löw ruhig einmal ein Auge werfen, finde ich. Nicht nur, weil ich den Philipp schon ganz lange kenne. Er ist ja der Sohn von Martin Max (UEFA-Cup-Sieger mit Schalke, zweimaliger Bundesligatorschützenkönig und heute Jugendtrainer bei Schalke) und hat in der Jugend bei uns gespielt.
Sie haben einmal gesagt, dass Schalke erst Meister wird, wenn ein Schalker Jung’ Trainer ist ...
Das wurde mir so ausgelegt, dass ich den Job haben wollte. Aber das war ein Scherz!
Also wollten Sie den Job nicht?
Ich habe in Deutschland leider nie wirklich die Chance bekommen, mich als Trainer zu beweisen.
In der Türkei, in Bulgarien und Österreich spielten Sie mit Ihren Mannschaften teils international, den lettischen Club Metalurgs Liepaja führten Sie sogar zur Meisterschaft.
Leider hat dann meine Gesundheit nicht mehr mitgespielt. Ich bekam Krebs. Beruflich habe ich dadurch ein paar Jahre verloren, aber dafür bin ich jetzt wieder gesund. Es geht mir gut, ich könnte sicher wieder als Trainer arbeiten. Ich würde auch gern, auch weil ich glaube, ein ganz guter Trainer zu sein. Aber es ergibt sich nicht.
Nächste Woche wird man Sie aber mal wieder als Trainer erleben dürfen: Sie betreuen die Schalker Traditionsmannschaft beim ISDB-Legenden-Cup in Friedrichshafen. Wen nehmen Sie als Spieler mit? Klaus Fischer?
Für den Klaus wäre der Boden in der Halle nichts mehr. Martin Max ist jünger, der wird stürmen. Ansonsten treffe ich ja alle beim Derby, da werde ich rekrutieren.