Kiesabbau: Protest der Gemeinderäte
Baienfurt und Baindt haben Angst um Trinkwasser – Kein „Hau-Ruck-Verfahren“
VOGT/BAIENFURT/BAINDT - Die beiden Bürgermeister sowie Gemeinderäte aus Baienfurt und Baindt haben am Wochenende bei Grund nahe Vogt im Altdorfer Wald gegen den dort geplanten Kiesabbau demonstriert. Sie fürchten um die Qualität ihres Trinkwassers, das aus Quellen im Altdorfer Wald kommt. Die Gemeinden Baienfurt und Baindt haben einen gemeinsamen Wasserzweckverband.
„Durch den geplanten Kiesabbau bei Grund wird das Einzugsgebiet der Trinkwasserquellen von Weißenbronnen, das über das bisher festgelegte Wasserschutzgebiet hinausgeht, nachhaltig in Mitleidenschaft gezogen“, heißt es in einer Stellungnahme aller Fraktionen der beiden Gemeinderäte. Und weiter: „Die optimale Filterwirkung durch Waldbewuchs und starke Kiesschichten, die uns bisher Trinkwasser von außergewöhnlicher Qualität beschert, geht durch den Kiesabbau dauerhaft verloren und kann auch durch eine Nachverfüllung mit Bodenaushub nicht wiederhergestellt werden.“Der dadurch riskierte Schaden sei unumkehrbar.
Hintergrund für den Protest sind Pläne der Firma Meichle und Mohr, in einem rund elf Hektar großen Gebiet im Altdorfer Wald Kies abzubauen. Meichle und Mohr betreibt bereits ein Kieswerk in Grenis bei Amtzell, wo der Kies auch in einer Asphaltmischanlage weiterverarbeitet wird. Asphalt wird unter anderem für den Straßen- und Gebäudebau gebraucht. Weil die Kies-Vorräte in Grenis allmählich zur Neige gehen, soll künftig Kies aus dem beantragten zusätzlichen Abbaugebiet in Grund mit Lastern nach Grenis transportiert und dort verarbeitet werden.
Meichle und Mohr hat dafür ein Zielabweichungsverfahren beim Regionalverband beantragt. In einem solchen Verfahren geht es beispielsweise um die Frage, ob forstwirtschaftliche oder Naturschutz-Belange dem Vorhaben entgegenstehen. Aus Sicht von Regionalverband und Landratsamt ist dies nicht der Fall. Aus Sicht vieler Bürger jedoch schon: Eine Bürgerinitiative hat mehr als 1000 Unterschriften gegen den geplanten Kiesabbau gesammelt, die Gemeinderäte von Vogt und Wolfegg haben Rechtsanwälte eingeschaltet. Ein großes Thema ist dabei der zusätzliche Lkw-Verkehr, der mit dem Kiestransport einhergehen würde. Nun hat sich auch der Wasserzweckverband BaienfurtBaindt kritisch zu Wort gemeldet.
Mit dem Trinkwasser aus dem Altdorfer Waldes könnten rund 60 000 bis 80 000 Menschen im mittleren Schussental versorgt werden, schreibt der Wasserzweckverband in seiner Stellungnahme. „Ein Zielabweichungsverfahren vom rechtsgültigen Regionalplan, in dem jetzt im „Hau-Ruck-Verfahren“unter weniger genauer Prüfung eine Genehmigung des Kiesabbaus erreicht werden soll, lehnen wir generell ab. Die Abbaukapazität an Kies in Grenis reicht noch für gut 5 bis 7 Jahre, so dass in Ruhe die reguläre, ohnehin schon in die Wege geleitete Fortschreibung des Regionalplans abgewartet werden kann. In der Zwischenzeit können die Ergebnisse notwendiger Bohrungen und deren geologische Bewertung vorliegen.“
„Die optimale Filterwirkung [...] geht durch den Kiesabbau dauerhaft verloren [...]“, ist einer Stellungnahme der Gemeinderäte zu entnehmen.
Regionalverband entscheidet am 15. Dezember
Bei aller Einsicht in die Notwendigkeit von verbrauchernahem Kiesabbau für den Wohnungsbau, öffentliche Gebäude und für Verkehrswege in der Region könne man nicht akzeptieren, dass „privatwirtschaftlichen Interessen an einem für den Vorhabenträger günstig gelegenen Kiesabbaugebiet der Vorrang gegeben werden soll gegenüber der öffentlichen Daseinsfürsorge mit Trinkwasser“, schreiben die Gemeinderäte. „Irgendwann werden wir sonst vielleicht erkennen müssen, dass man Geld nicht trinken kann.“
Und auch im Regionalverband scheinen sich die Bedenken zu mehren: Das Thema Kiesabbau in Grund, das vergangene Woche in einem Ausschuss des Verbands eigentlich zur Abstimmung anstand, wurde vertagt – die Fraktionen hätten intern noch Diskussionsbedarf, so die Begründung. Nun steht der Antrag von Meichle und Mohr am 15. Dezember erneut auf der Tagesordnung des Regionalverbands.
„Irgendwann werden wir sonst vielleicht erkennen müssen, dass man Geld nicht trinken kann“, schreiben die Gemeinderäte in Anlehnung an einen bekannten Spruch.