Seehofer macht den Weg für Söder frei
Bayern: Neuer Ministerpräsident Anfang 2018 – CSU: Kein Wechsel auf dem Chefsessel
MÜNCHEN - Die CSU will mit einer Doppelspitze aus Markus Söder und Horst Seehofer ins Landtagswahljahr 2018 gehen. Söder (50) soll Seehofer spätestens im Frühjahr als Ministerpräsident Bayerns ablösen und die CSU im Herbst in die Landtagswahl führen. Seehofer will im Dezember erneut für den Parteivorsitz kandidieren. Denkbar ist, dass er im Falle einer Regierungsbildung ins Bundeskabinett wechselt.
Knapp zehn Wochen nach der Pleite bei der Bundestagswahl beendet die CSU damit einen erbitterten Machtkampf. Das in getrennten Sitzungen von Landtagsfraktion und Parteivorstand beschlossene Personalkonzept sieht eine Übergabe der Regierungsgeschäfte im ersten Quartal 2018 vor. Möglich wurde die rasche Kür Söders, weil dessen einziger potenzieller Gegenkandidat, Innenminister Joachim Herrmann, seinen Verzicht erklärt hatte. Bis zuletzt hatte dieser offengelassen, ob er sich auch für das Amt des Ministerpräsidenten bewerben wolle.
Die Entscheidung zur Stabübergabe kam erst nach massivem parteiinternen Druck zustande. Seehofer und Söder galten über Jahre hinweg als erbitterte Gegner. Nun hätten sie sich eine gute Zusammenarbeit versprochen, versicherte Seehofer. Beide seien sich aber im Klaren darüber, dass solche Ankündigungen mit Taten gelebt werden müssten.
Söder rief die CSU zur Geschlossenheit auf. Politik sei immer eine Mannschaftsleistung. „Es geht um das Erbe von Strauß, von Stoiber, und es geht um die Fortsetzung einer sehr, sehr erfolgreichen Landespolitik von Horst Seehofer,“so Söder.
Auch wenn Seehofer ausweichend auf Fragen nach einem Wechsel ins Bundeskabinett reagierte, steht die Lösung nun im Raum. In der Hauptstadt wird bereits darüber spekuliert, welchen Posten Seehofer anstreben könnte. Er werde ein starkes Ministerium wie Inneres oder Finanzen für die CSU fordern und besetzen, heißt es. SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles beurteilt die designierte CSU-Spitze skeptisch: „Heute ist eine Entscheidung gefallen, von der wir nicht erwarten, dass sie die Sache klärt.“Nahles geht davon aus, dass sich der Schwesternstreit in der Union nun wieder verschärft.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bedauerte Seehofers angekündigten Rückzug vom Amt des Ministerpräsidenten und betonte „das gute und vertrauensvolle, ja freundschaftliche Zusammenwirken zwischen Kollege Seehofer und mir“. Dies sei für viele überraschend gekommen, sagte Kretschmann. „Durchaus auch für uns selbst.“
MÜNCHEN - Mit dem Montag sei er „rundum hochzufrieden“, sagte Horst Seehofer. Vielleicht könne die CSU sogar vormachen, „wie man Volksparteien erneuert“, meinte der bayerische Ministerpräsident. Nur etwas mehr als eine Stunde hatte es gedauert, bis die Entscheidung verkündet wurde. Markus Söder war von der CSU-Landtagsfraktion nicht mit irgendeiner netten Mehrheit als Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2018 vorgeschlagen worden, sondern „einstimmig“, wie Fraktionschef Thomas Kreuzer berichtete. „Das spiegelt die Stimmung in der Fraktion wider.“
Die ursprünglich vorgesehene geheime Abstimmung fand nicht statt. Die habe nur Sinn, wenn es mehrere Kandidaten gebe, erläuterte Kreuzer. Wenige Stunden später dann dieselbe Geschlossenheit im CSU-Parteivorstand. „Einstimmig“, so Vorsitzender Seehofer, habe der Vorstand Söder als Spitzenkandidaten und ihn für eine neue Amtszeit als Parteichef vorgeschlagen – ebenfalls offen per Akklamation. Beide Voten sind freilich nur Empfehlungen. Das letzte Wort hat der Parteitag am 15. und 16. Dezember in Nürnberg. „Das wird der Parteitag auch so machen“, zeigte sich Seehofer überzeugt.
Weiter im Umfragetief
„Volle Rückendeckung und Unterstützung“für dessen erneute Kandidatur als CSU-Parteichef sichere er Seehofer zu, sagte Söder: „Das Land ist immer das Wichtigste.“Seehofer wiederum sicherte zu, das Amt des Regierungschefs im ersten Quartal 2018 zur Verfügung zu stellen. Er listete schon mal auf, bei wie vielen Themen er sich bereits
„mit dem Markus“abgesprochen habe. „Der Wechsel gehört zum Leben“, sinnierte der 68-Jährige nach der Parteivorstandssitzung. Das müsse man auch akzeptieren, wenn man selbst davon betroffen sei: „Es fällt einem persönlich nicht leicht.“Aber dann auch: „Ich bin erleichtert, dass wir eine ungewöhnlich schwierige Wegstrecke für die Partei einvernehmlich hinbekommen haben.“
Spätestens ab April 2018 wird der bayerische Ministerpräsident also Markus Söder heißen. Ein dreiviertel Jahr hat er jetzt Zeit, um die CSU aus dem Umfragetief von 37 Prozent wieder in Regionen nahe einer absoluten Landtagsmehrheit zu hieven. Nach seiner Nominierung machte Söder gar kein Hehl daraus, dass er bisher nicht allseits als Liebling geführt wurde und dass auch der noch amtierende Ministerpräsident und Parteichef alles andere als Mitglied des Söder-Fanclubs ist. Da Seehofer beim kommenden CSU-Parteitag in Nürnberg erneut und ohne einen von der Parteiobrigkeit abgesegneten Gegenkandidaten antreten wird, werden beide eng zusammenarbeiten müssen. Diese Kooperation „wird sich jeden Tag im Alltag beweisen müssen“, formulierte Söder.
Auch Seehofer wandte einige Mühe auf, um zu versichern, dass das jahrelang als zerrüttet bekannte Verhältnis mit Söder jetzt problemfrei sei. An den Vorwurf der „Schmutzelei“, den Seehofer einmal bei einer Weihnachtsfeier gegen seinen Finanzminister erhoben hatte, könne er sich kaum noch erinnern, sagte Seehofer: „Ich weiß nicht, wie viel Jahre das schon her ist.“Wer viel vergesse, sei schlecht dran, aber am schlimmsten sei der dran, der gar nichts vergisst, orakelte der Parteichef. Die Zusammenarbeit mit „dem Markus“werde „kollegial, kameradschaftlich“werden, versprach Seehofer. Söder werde jetzt auch nach Berlin mitgenommen, wenn mit der SPD verhandelt wird: „Er ist jetzt legitimiert als designierter Vertreter des Freistaats Bayern.“
Wenn es dauerhaft im Alltag funktioniere, werde die Frage „Können die beiden miteinander?“nicht mehr gestellt, meinte Seehofer, er befürchtet jedoch: „Aber das wird eine Weile dauern.“Mit einem richtig schönen Lob für seinen Nachfolger tat sich Seehofer freilich noch etwas schwer: „Die Begründung für Markus Söder ergibt sich aus seiner Arbeit“, meinte Seehofer. Man könne nicht bestreiten, dass der Nürnberger für die Politik und Bayern brenne.
Seehofer hätte fast mit einem „Wir schaffen das“geschlossen, korrigierte sich aber noch rechtzeitig durch ein „Wir packen das.“