Huthis töten Jemens Ex-Präsidenten
Ali Abdullah Saleh hatte Allianz mit den Rebellen beendet – Humanitäre Krise droht weiter zu eskalieren
LIMASSOL/SANAA - Nur wenige Tage nach seinem überraschenden Kurswechsel in Jemens Bürgerkrieg ist Ex-Langzeitherrscher Ali Abdullah Saleh von seinen früheren Verbündeten getötet worden. Kreise aus Salehs Partei erklärten am Montag, nahe der Hauptstadt Sanaa habe eine Kugel der schiitischen Huthi-Rebellen den früheren Präsidenten getroffen, wie der TV-Sender al-Arabija meldete. Aus Huthi-Kreisen hieß es, Saleh sei bei Zusammenstößen mit den Rebellen ums Leben gekommen.
Rebellenführer Abdel Malik alHuthi, erklärte in einer TV-Ansprache, es sei eine „große Verschwörung“zwischen Saleh und dem von Saudi-Arabien geführten Militärbündnis zum Scheitern gebracht worden. Im Internet kursierte ein Video, das den Leichnam des Ex-Staatschefs zeigen soll. Beobachter gingen davon aus, dass es sich dabei tatsächlich um die sterblichen Überreste Salehs handelte.
Die Vorgänge im Jemen seien „zutiefst verstörend“, ließ UN-Generalsekretär António Guterres in New York über seinen Sprecher ausrichten. Der Tod von Saleh „fügt eine neue Ebene der Komplexität zu einer jetzt schon schwierigen Situation hinzu“und „eine neue Ebene des Leidens, besonders für die Menschen in Sanaa“.
Konflikt eskaliert
Saleh hatte am vergangenen Samstag seine taktische Allianz mit den Huthis endgültig beendet und SaudiArabien direkte Gespräche zur Beendigung des Bürgerkrieges angeboten. Es sei an der Zeit, eine neue Seite im Verhältnis mit den „Brüdern der benachbarten Staaten“aufzuschlagen, verkündete Saleh über seinen Fernsehsender, der kurz darauf von den Huthis übernommen wurde.
Wenige Stunden später erstürmten die schiitischen Milizionäre die Residenz von Saleh und andere strategische wichtige Stellungen in Sanaa, die die Truppen des Ex-Präsidenten zuvor erobert hatten. Diese wurden im Kampf um Sanaa massiv von der saudischen Luftwaffe unterstützt. Sie bombardierte auch den Flughafen der Stadt, wo sich Schlüsselstellungen der Huthis befinden, sowie wichtige Ministerien in der Hauptstadt des Jemen, die wegen ihrer einzigartigen Architektur von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Mit den Angriffen sollte den Saleh-Truppen die „Befreiung von dem Übel Iran-gesteuerter Milizen“(so die saudische Nachrichtenagentur) ermöglicht werden. Diese verkündeten nach dem Tod Salehs siegesgewiss das „Ende der Meuterei“. Dabei ist es noch völlig unklar, wie sich die schockierten jemenitischen Bürgerkriegsparteien nach dem gewaltsamen Ende ihres Ex-Präsidenten positionieren werden.
Vieles spricht dafür, dass das ärmste Land der Welt jetzt weiter im Chaos versinkt und die weltweit schlimmste humanitäre Krise sich weiter verschärft . Mehr als 20 Millionen Menschen sind auf Hilfe angewiesen, weil Wasser und Nahrung fehlen. Im Land grassiert eine Cholera-Epidemie. Wegen einer Blockade des saudischen Bündnisses kommt jedoch zu wenig Hilfe ins Land.
Für Saudi-Arabien und Kronprinz Mohammed bin Salman ist der Tod von Ali Abdullah Saleh ein schwerer Rückschlag. Mit dem Versprechen eines schnellen Sieges hatte der mächtigste Mann in Riad vor zweieinhalb Jahren den Krieg gegen den Jemen begonnen. Eine Verhandlungslösung mit den Huthis, die als verlängerter Arm des verhassten Iran betrachtet werden, kam für bin Salman nicht in Frage. Was Saleh für seine Kehrtwende versprochen wurde, wird vermutlich niemals bekannt werden.
Der politische Machtkampf im Jemen trete nun in eine neue Phase, schrieb die Golfexpertin der Londoner Denkfabrik Chatham House, Jane Kinninmont, auf Twitter. „Der Verlust von Salehs Führerschaft und Finanzen könnte die Huthis abhängiger vom Iran machen.“Jemens Friedensnobelpreisträgerin Tawakkul Karman twitterte, Saleh habe ein „tragisches Ende“genommen, das „wir ihm bei der friedlichen Revolution so niemals gewünscht hatten, aber ‚Du erntest, was du säst‘“.