Festnahmen in Flüchtlingsheim
Ermittler finden bei einem Mann Marihuana, Ecstasy und Bargeld
KISSLEGG - Wegen illegalen Handels mit Drogen und der Abgabe von Rauschgift an Minderjährige ermitteln Beamte des Polizeireviers Wangen gegen drei Asylbewerber aus Gambia im Alter von 19, 30 und 33 Jahren. Vor diesem Hintergrund wurde in den Morgenstunden des 7. Dezember eine Flüchtlingsunterkunft in Kißlegg durchsucht. Dies teilten Polizei und Staatsanwaltschaft erst am Donnerstag nach entsprechender Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“in einer Erklärung mit. Nach Angaben von Kißleggs Bürgermeister Dieter Krattenmacher war von der Durchsuchung das so genannte „Camp 2“, ein Flüchtlingsheim am Freizeitgelände der Gemeinde, betroffen.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft waren die Ermittler den drei mutmaßlichen Drogendealern schon länger auf den Fersen. Nachdem sich die Verdachtsmomente erhärtet hätten, habe das zuständige Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss auf Antrag der Staatsanwaltschaft erteilt. Bei der Durchsuchung trafen Polizisten zwei der drei Tatverdächtigen an und nahmen sie vorläufig fest.
Bei dem 33-jährigen Haupttatverdächtigen stellten sie mehr als 200 Gramm Marihuana, 38 Ecstasy-Tabletten sowie rund 2000 Euro Bargeld sicher. Nach Angaben beider Behörden ordnete der Haftrichter am Folgetag Untersuchungshaft an. Der 33Jährige war demnach bereits vom Amtsgericht Stuttgart wegen unerlaubten Fernbleibens zu einer Hauptverhandlung mit Haftbefehl gesucht worden. Er befindet sich aktuell in einer Justizvollzugsanstalt. Die Ermittlungen dauerten an.
Späte Mitteilung der Behörden
Die Polizei begründet die späte Veröffentlichung des Einsatzes vom 7. Dezember mit mehreren Faktoren. Nach Angaben eines Sprechers des Polizeipräsidiums Konstanz sei die Sachlage bis dato „noch nicht spruchreif“gewesen, da Folgeermittlungen notwendig gewesen seien. Außerdem habe man „belastbare Dinge“vor Bekanntgabe zunächst mit der Staatsanwaltschaft in Ravensburg abstimmen müssen.
Derweil wurden der Polizeieinsatz sowie Gründe und Folgen in sozialen Netzwerken im Internet kontrovers diskutiert. Ausgelöst worden war die Debatte durch den Beitrag eines Nutzers, der nach eigenen Angaben in der Siedlung St. Anna wohnt und demnach am Morgen des 7. Dezember „sieben Polizeifahrzeuge mit Spürhunden und Mannschaftswagen“an der Flüchtlingsunterkunft beobachtet hatte.
Zudem will er gesehen haben, dass junge Menschen in der Siedlung „umhergeistern“, und ihre Autos am Parkplatz des Spielplatzes abstellten. Sie „schleichen über die Felder, um ihre Drogen zu kaufen“, so der Mann weiter. Auch berichtete er von Aussagen anderer Anwohner, nach denen es im Umfeld angeblich sogenannte Gang-Bang-Partys gebe und auf dem Abenteuerspielplatz sexuelle Praktiken vollzogen würden.
Zu Art und Umfang des Einsatzes machten Polizei und Staatsanwaltschaft auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“keine Angaben. Bürgermeister Dieter Krattenmacher bestätigte allerdings ein größeres Polizeiaufgebot am Morgen des 7. Dezember. Hintergrund sei, dass es bei einer Polizeikontrolle in dem Flüchtlingsheim einige Monate zuvor eine „Auseinandersetzung“gegeben habe. Beim aktuellen Einsatz sei dies aber nicht der Fall gewesen. Damit widerspricht der Bürgermeister entsprechenden im Netz kursierenden Angaben.
Gerüchte um sexuelle Praktiken
Auch konnte Krattenmacher keine konzentrierten sexuellen Handlungen auf dem Freizeitgelände oder in dessen Umfeld in Zusammenhang mit der Flüchtlingsunterkunft bestätigen. Dass sich allgemein Menschen hier und da entsprechend unter freiem Himmel im Gemeindegebiet vergnügten, komme grundsätzlich allerdings vor.
Laut Krattenmacher seien zudem weder das Freizeitgelände noch der Kindergarten von den kolportierten Gerüchten in Sachen Drogenhandel oder „sexueller Praktiken“betroffen. „Da gibt es keine Meldungen von Erzieherinnen und Eltern“.
Zum Thema „Drogenhandel“nahm der Bürgermeister im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ebenfalls Stellung. Bereits bald nach Bezug des „Camp 2“habe es entsprechende Hinweise von dort gegeben. Derlei Informationen habe die Gemeinde stets an die Polizei weitergegeben. Wobei die Bewohnerschaft häufig wechsele.
Grundsätzlich stellt er klar: „In Kißlegg leben 120 Flüchtlinge. Davon ist es nicht einmal eine Hand voll, die intensive Probleme macht.“Deswegen verwehrt er sich auch gegen Pauschalurteile: „Es ist bedauerlich, dass da immer mit dem groben Klotz argumentiert wird.“
Auch sei es „nicht das erste Mal, dass in Kißlegg Drogen gehandelt werden“. Dies komme – wie anderswo – immer wieder vor. Und zwar auch längst vor 2015, als besonders viele Flüchtlinge auch nach Kißlegg gekommen waren. Händler suchten sich immer wieder Unterhändler. Später beruhige sich die Lage wieder. „Das zeigt unsere Erfahrung“, sagt Krattenmacher.
Im Fall der aktuellen Festnahmen geht er davon aus, „dass der Zünder jetzt gezogen ist“, sich also in „Camp 2“die Lage wieder beruhige. Ausdrücklich lobt er in diesem Zusammenhang die Arbeit der Polizei: „Auf sie ist Verlass.“Auf Sicht setzt er darüber hinaus auf eine verbesserte Sozialbetreuung in der Unterkunft. Hier werde ab Januar „nachjustiert“.