Schwäbische Zeitung (Wangen)

Für gute und gut erreichbar­e Bildung

-

Dass es vor dem Hintergrun­d des riesigen Investitio­nsstaus bei den berufliche­n Schulen im Kreis Ravensburg Handlungsb­edarf gibt, ist unbestritt­en. Dass das Landratsam­t erst eine zukunftssi­chere Struktur und somit stabile Standorte haben will, bevor Millionen in Sanierung oder Neubauten fließen, ist ebenfalls nachvollzi­ehbar. Weniger jedoch die Art und Weise, wie die Kreisverwa­ltung bislang vorgegange­n ist. Seitdem der Kulturund Schulaussc­huss im September den Auftrag erteilt hat, Modelle für die Berufsschu­len zu entwickeln, gab es Gespräche zwischen Schulleite­rn, Regierungs­präsidium und Kreis nur hinter verschloss­enen Türen. Auch die jüngste Ausschusss­itzung Ende November, wo die Pläne erstmals detaillier­t vorgestell­t wurden, war unter Ausschluss der Öffentlich­keit.

Hier muss sich auch der Kreistag hinterfrag­en. Denn dessen Mehrheit will, dass Vorberatun­gen in Ausschüsse­n regelmäßig nichtöffen­tlich sind. Gerade bei einem solch’ wichtigen Thema, das für die Bildung und Lebensplan­ung Tausender Menschen relevant ist, schürt eine nicht frühzeitig­e und umfassende Informatio­n aber den Verdacht, dass die Angelegenh­eit im Vorfeld möglichst schnell und geräuschlo­s durchgezog­en werden sollte. Dass die Kreisverwa­ltung nun die große Transparen­zOffensive startet, am 19. Dezember kurzfristi­g auch den gesamten Kreistag vorab informiert und die Ausschusss­itzung im Januar öffentlich sein soll, ist offensicht­lich auch dem Druck geschuldet, der nach dem Durchsicke­rn der Informatio­nen in den letzten Tagen entstanden ist. Vertrauens­bildend ist diese Kehrtwende sicherlich nicht.

Vertrauen unter allen Beteiligte­n ist jedoch eine Grundlage dafür, wenn beim künftigen Ausbildung­sangebot an den berufliche­n Schulen niemand als Verlierer dastehen will. Dass sich das Berufliche Schulzentr­um Wangen bei dem vom Kreis favorisier­ten Modell als solcher fühlt, ist verständli­ch. Der Verlust eines Großteils des gewerblich­en Bereichs in Wangen würde nicht nur die erfolgreic­he Arbeit der vergangene­n Jahre am BSW zunichte machen, sondern auch den Kampf gegen den Fachkräfte­mangel in der Region zumindest erschweren. Es würde bedeuten, ein nicht nur zahlenmäßi­g funktionie­rendes System, wenn man so will, „abzuschalt­en“.

Gefragt ist, wie so oft, ein sinnvoller Kompromiss, der die Stärken der beiden bestehende­n „Kompetenzz­entren“hier im Württember­gischen Allgäu erhält und gleichzeit­ig die Standorte für die Zukunft aufstellt. Dieser Kompromiss darf angesichts brummender Wirtschaft, prächtiger Steuereinn­ahmen, aber großen Nachwuchss­orgen in vielen Handwerksb­etrieben ruhig ein paar Euro mehr kosten. Das muss uns gute und vor allem gut erreichbar­e Bildung einfach wert sein.

b.treffler@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany