Drogen ziehen Mann in ein tiefes Loch
22-jähriger ehemaliger Bundeswehrsoldat muss sich vor dem Landgericht verantworten
RAVENSBURG/WEINGARTEN - Wegen kleinerer Delikte hatte ein 22jähriger unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassener Mann aus Weingarten bereits mehrfach vor Jugendgerichten gestanden. Jetzt muss er sich vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Ravensburg verantworten, weil die Polizei bei ihm bei einer Verkehrskontrolle und mehreren Wohnungsdurchsuchungen Marihuana, Amphetamin und Kokain in größeren Mengen gefunden hatte.
Ins Rollen gebracht hatte das Verfahren gegen ihn eine Verkehrskontrolle bei Überlingen, in die er im April dieses Jahres nach einem Drogeneinkauf in Stuttgart geraten war (die „Schwäbische Zeitung“berichtete über den Prozessauftakt). Zu diesem Deal hatte ihn sein 24-jähriger Freund und Stubenkamerad gefahren, allerdings in der Annahme, der 22-Jährige wolle in Stuttgart von privaten Anbietern ein Auto kaufen.
Der Freund wurde auch nicht misstrauisch, als ihm der Angeklagte eine Schreckschusspistole zeigte, weil die angeblichen Autoverkäufer aufgrund der während der Fahrt geführten Telefonate auf ihn einen dubiosen Eindruck machten. Daher wunderte er sich auch nicht, dass der angebliche Autokauf nicht zustande kam.
Die Aussagen eines Dienstvorgesetzten beim zweiten Verhandlungstag am Dienstag bestätigten den Eindruck des ersten Zeugen, dass der Angeklagte im Verlauf seiner Dienstzeit seine anfänglich hohe Motivation völlig eingebüßt hat und bereits in den Monaten vor der verhängnisvollen Fahrt nach Stuttgart immer häufiger krank geschrieben war. Es häuften sich auch die unentschuldigten Fehlzeiten, weil es der Soldat versäumte, sich die von einem zivilen Arzt ausgestellten Krankmeldungen bei einem Truppenarzt bestätigen zu lassen.
Von Depressionen und Antriebslosigkeit berichtete auch die langjährige Freundin des Angeklagten. Zu Beginn ihrer fast vierjährigen Beziehung habe er lebensfroh und unternehmungslustig gewirkt. Da hätten Rauschmittel keine Rolle gespielt. Erst später habe der Freund auch in ihrer Gegenwart Marihuana konsumiert, anfangs eher selten, zuletzt fast täglich. Er jobbte in verschiedenen Gastronomiebetrieben, unter anderem auch in einer Disco in Lustenau.
Es kam zu einer zwischenzeitlichen Trennung des Paars. Danach hätten die Beziehungsprobleme weiter zugenommen. Im Gerichtssaal würdigte die junge Frau den Angeklagten keines Blickes. Nach seiner Festnahme hatte sie ihn noch im Untersuchungsgefängnis in StuttgartStammheim besucht. Zum Tatvorwurf äußerte sich der Angeklagte bislang nicht. Ihm droht nicht nur eine Verurteilung wegen des Besitzes illegaler Rauschmittel in erheblichen Mengen, sondern auch wegen illegalen Waffenbesitzes. Die Schreckschusspistole, die im Auto gefunden wurde, war geladen, aber gesichert. Außerdem entdeckte die Polizei noch weitere Munition.
Wird eine solche Waffe aus nächster Nähe auf einen Menschen abgefeuert, kann sie laut einem Gutachten des Landeskriminalamts sehr schwere bis tödliche Verletzungen verursachen. Im Vergleich dazu erscheinen die Delikte, deretwegen der junge Mann zuvor vor der Jugendkammer des Amtsgerichts Kempten gestanden hatte, sehr gering: Es ging um eine Körperverletzung, den Besitz von Marihuana in geringen Mengen und mehrere Schwarzfahrten im Zug. Der Jugendrichter hatte jeweils Geldstrafen ausgesprochen beziehungsweise das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt. Jetzt droht dem Angeklagten eine mehrjährige Haftstrafe.
Der Prozess wird am 9. Januar um 13 Uhr fortgesetzt. Dabei wird die psychologische Gutachterin ihre Stellungnahme abgeben. Anschließend könnten die Plädoyers folgen und ein Urteil verkündet werden. Der Angeklagte ließ zu Prozessbeginn durch seinen Verteidiger erklären, dass er sich am Ende des Verfahrens äußern wolle.