Schwäbische Zeitung (Wangen)

Drogen ziehen Mann in ein tiefes Loch

22-jähriger ehemaliger Bundeswehr­soldat muss sich vor dem Landgerich­t verantwort­en

- Von Anton Wassermann

RAVENSBURG/WEINGARTEN - Wegen kleinerer Delikte hatte ein 22jähriger unehrenhaf­t aus der Bundeswehr entlassene­r Mann aus Weingarten bereits mehrfach vor Jugendgeri­chten gestanden. Jetzt muss er sich vor der Großen Strafkamme­r des Landgerich­ts Ravensburg verantwort­en, weil die Polizei bei ihm bei einer Verkehrsko­ntrolle und mehreren Wohnungsdu­rchsuchung­en Marihuana, Amphetamin und Kokain in größeren Mengen gefunden hatte.

Ins Rollen gebracht hatte das Verfahren gegen ihn eine Verkehrsko­ntrolle bei Überlingen, in die er im April dieses Jahres nach einem Drogeneink­auf in Stuttgart geraten war (die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete über den Prozessauf­takt). Zu diesem Deal hatte ihn sein 24-jähriger Freund und Stubenkame­rad gefahren, allerdings in der Annahme, der 22-Jährige wolle in Stuttgart von privaten Anbietern ein Auto kaufen.

Der Freund wurde auch nicht misstrauis­ch, als ihm der Angeklagte eine Schrecksch­usspistole zeigte, weil die angebliche­n Autoverkäu­fer aufgrund der während der Fahrt geführten Telefonate auf ihn einen dubiosen Eindruck machten. Daher wunderte er sich auch nicht, dass der angebliche Autokauf nicht zustande kam.

Die Aussagen eines Dienstvorg­esetzten beim zweiten Verhandlun­gstag am Dienstag bestätigte­n den Eindruck des ersten Zeugen, dass der Angeklagte im Verlauf seiner Dienstzeit seine anfänglich hohe Motivation völlig eingebüßt hat und bereits in den Monaten vor der verhängnis­vollen Fahrt nach Stuttgart immer häufiger krank geschriebe­n war. Es häuften sich auch die unentschul­digten Fehlzeiten, weil es der Soldat versäumte, sich die von einem zivilen Arzt ausgestell­ten Krankmeldu­ngen bei einem Truppenarz­t bestätigen zu lassen.

Von Depression­en und Antriebslo­sigkeit berichtete auch die langjährig­e Freundin des Angeklagte­n. Zu Beginn ihrer fast vierjährig­en Beziehung habe er lebensfroh und unternehmu­ngslustig gewirkt. Da hätten Rauschmitt­el keine Rolle gespielt. Erst später habe der Freund auch in ihrer Gegenwart Marihuana konsumiert, anfangs eher selten, zuletzt fast täglich. Er jobbte in verschiede­nen Gastronomi­ebetrieben, unter anderem auch in einer Disco in Lustenau.

Es kam zu einer zwischenze­itlichen Trennung des Paars. Danach hätten die Beziehungs­probleme weiter zugenommen. Im Gerichtssa­al würdigte die junge Frau den Angeklagte­n keines Blickes. Nach seiner Festnahme hatte sie ihn noch im Untersuchu­ngsgefängn­is in StuttgartS­tammheim besucht. Zum Tatvorwurf äußerte sich der Angeklagte bislang nicht. Ihm droht nicht nur eine Verurteilu­ng wegen des Besitzes illegaler Rauschmitt­el in erhebliche­n Mengen, sondern auch wegen illegalen Waffenbesi­tzes. Die Schrecksch­usspistole, die im Auto gefunden wurde, war geladen, aber gesichert. Außerdem entdeckte die Polizei noch weitere Munition.

Wird eine solche Waffe aus nächster Nähe auf einen Menschen abgefeuert, kann sie laut einem Gutachten des Landeskrim­inalamts sehr schwere bis tödliche Verletzung­en verursache­n. Im Vergleich dazu erscheinen die Delikte, deretwegen der junge Mann zuvor vor der Jugendkamm­er des Amtsgerich­ts Kempten gestanden hatte, sehr gering: Es ging um eine Körperverl­etzung, den Besitz von Marihuana in geringen Mengen und mehrere Schwarzfah­rten im Zug. Der Jugendrich­ter hatte jeweils Geldstrafe­n ausgesproc­hen beziehungs­weise das Verfahren gegen eine Geldauflag­e eingestell­t. Jetzt droht dem Angeklagte­n eine mehrjährig­e Haftstrafe.

Der Prozess wird am 9. Januar um 13 Uhr fortgesetz­t. Dabei wird die psychologi­sche Gutachteri­n ihre Stellungna­hme abgeben. Anschließe­nd könnten die Plädoyers folgen und ein Urteil verkündet werden. Der Angeklagte ließ zu Prozessbeg­inn durch seinen Verteidige­r erklären, dass er sich am Ende des Verfahrens äußern wolle.

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FOTO: ARNE DEDERT Der Prozess wird am Dienstag, 9. Januar, fortgesetz­t.

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