Im Notfall spielt Wohnort keine Rolle
Tannheimer wirft Zahnarztpraxis vor, Hilfe verweigert und gegen Behandlungspflicht verstoßen zu haben
MEMMINGEN/TANNHEIM - Egal, woher er kommt – egal, ob er krankenversichert ist: Einem Patienten, der unter Schmerzen leidet, muss geholfen werden. Das ist die Aufgabe einer Arztpraxis, die den Notdienst übernimmt. Diese Hilfe sei ihm mit Verweis auf seinen Wohnort in Württemberg in einer Memminger Zahnarztpraxis verweigert worden, klagt Wolfgang Dolderer aus Tannheim. Dagegen verwehrt sich der Praxisinhaber: Angesichts des großen Andrangs und langer Wartezeiten an diesem Tag habe man den Patienten gebeten, eine zuständige Praxis in Baden-Württemberg aufzusuchen.
An einem Sonntag bekam Dolderer seiner Schilderung nach derart heftige Zahnschmerzen, dass er gegen 18 Uhr die Memminger Praxis aufsuchte, die an diesem Tag Notdienst hatte. Dort sei er abgewiesen worden, sagt Dolderer: „Nachdem ich an der Rezeption meine Schmerzen beschrieben hatte, fragte mich die Dame nach meinem Wohnsitz. Als der Ortsname Tannheim fiel, blockte sie sofort ab: ,Dann darf ich Sie nicht annehmen.’“Stattdessen habe man ihm geraten, nach Ulm zu fahren.
„Praxis war überfüllt“
Dieser Aussage Dolderers steht die des Praxisinhabers gegenüber: Er bestreitet, dass das Gespräch in dieser Weise abgelaufen ist. Seinen Worten zufolge suchten an dem betreffenden Tag sehr viele Patienten in der Praxis Hilfe, sodass diese „bis abends um 21 Uhr völlig überfüllt“gewesen sei. Darum sei es zu langen Wartezeiten gekommen. Angesichts dieser Sondersituation und der Schmerzen des Patienten habe man ihm empfohlen, sich an die nächstgelegene diensthabende Praxis in Baden-Württemberg zu wenden.
„Grundsätzlich wird jeder behandelt“
Davon, dass man Dolderer die Behandlung verweigert habe, könne keine Rede sein: „Natürlich hat der Patient ein Anrecht darauf und grundsätzlich wird bei uns jeder behandelt“, sagt der Praxischef: „Aber ich würde mir wünschen, dass Patienten auch Verständnis dafür haben, dass wir manchmal an Grenzen stoßen.“Grundlegende Auskunft zur Notdienst-Regelung gibt Leo Hofmeier, Pressesprecher der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns (KZVB). „Jeder für den Notdienst eingeteilte Zahnarzt ist verpflichtet, Schmerzpatienten zu versorgen – unabhängig davon, wo diese ihren Wohnsitz haben“, hält er fest.
Routinemäßig weise die KZVB im Rahmen ihrer regelmäßigen Rundschreiben Zahnärzte auf diese Pflicht hin. Auch neue Zahnärzte würden vor Beginn der Tätigkeit als Vertragszahnarzt belehrt. Kommt es zu einem Verstoß gegen die Behandlungspflicht, so kann die KZVB nach Angaben von Leo Hofmeier disziplinarrechtliche Maßnahmen ergreifen. Je nachdem, wie gravierend ein Fall ist, reicht das Spektrum von einer Verwarnung über einen Verweis bis zu einer Geldbuße.