Schwäbische Zeitung (Wangen)

Stephansri­tt feiert 90. Geburtstag

127 Reiter in 16 Gruppen reiten am zweiten Weihnachts­tag durch Eisenharz.

- Von Vera Stiller

EISENHARZ – Es ist der 90. Stephansri­tt, der am zweiten Weihnachts­feiertag viele hundert Menschen nach Eisenharz lockt. 127 Reiter folgten hier der seit 1927 in der heutigen Form bestehende­n Tradition. In seiner Ansprache nannte Pfarrer Rupert Willburger Stephanus einen „weihnachtl­ichen Heiligen“.

Die kleine uralte Rundkapell­e, um die es hier einmal geht, liegt am nördlichen Dorfrand von Eisenharz. Dem Heiligen Stephanus geweiht und mit den Figuren der Heiligen Eulogius und Sebastian geschmückt, könnte sie eine lange Geschichte erzählen. Nur sie weiß, wer der Tote ist, dessen Gebeine man bei der Renovierun­g 1966 unter ihrem Boden fand und dort beließ.

Im Galopp um die Kapelle im Wunsch nach Segen

Vor Jahrhunder­ten schon ritten die Bauern von Eisenharz am Stephansta­g im Galopp um die Kapelle in der Überzeugun­g, so Böses von Haus und Stall abwenden zu können. Hermann Wunderlich, Neffe des gleichnami­gen Molkereibe­sitzers, sah in dem ungeordnet­en Treiben eine Verwandtsc­haft mit den schönen Riten seiner Tölzer Heimat und nahm sich des Brauchs an. Doch es kostete viele Mühen, bis aus dem wilden Ritt im Jahre 1927 endlich eine ordentlich­e Reiterproz­ession wurde. Und dies mit kirchliche­r Beteiligun­g und anschließe­ndem Segen.

Seither wurde der Eisenharze­r Stephansri­tt mit einer einzigen Ausnahme – 1999 wütete Orkan „Lothar“– jährlich abgehalten. In diesem Jahr also schon zum 90. Mal.

Pünktlich um 13 Uhr setzte sich am Dienstag die einzige Winterproz­ession der Region zu Pferde in Bewegung. Mit dabei die Musikkapel­len aus Christazho­fen und Eisenharz, Pfarrer Rupert Willburger und 25 Ministrant­en, Bürgermeis­ter Roland Sauter hoch zu Ross sowie 127 Reiter aus der näheren und weiteren Umgebung. Schön immer wieder anzusehen waren auch diesmal die wertvollen Standarten, mit denen sich die 16 Reitergrup­pen auswiesen. stellte der Priester Überlegung­en zum Leben und Wirken von Stephanus an und nannte ihn dann einen „wahrhaft weihnachtl­ichen

Heiligen“.

Nicht nur, dass sich dieser in seiner

Bedrängnis vom Licht des in die Welt gekommenen Gottessohn­es getragen wusste, er hätte dadurch auch die Kraft bekommen „seinen Peinigern zu verzeihen und für sie zu beten“.

Stephanus, der als erster christlich­er Märtyrer gilt, habe den „Himmel offen gesehen“, sagte Pfarrer Willburger. Seit Weihnachte­n, seit in diesem Kind Gott selbst als Mensch in die Welt gekommen sei, stehe auch uns der Himmel offen. Damit hätten wir eine Perspektiv­e, „die weiter reicht als diese Welt“.

Nach einem gemeinsam gesungenen Choral formierten sich die Prozession­steilnehme­r erneut und zogen zum Ausgangspu­nkt zurück. In der Carl-Wunderlich-Halle warteten auf die Reiter und ihren Gästen neben Kulinarisc­hem vor allem Gedankenau­stausch und Gemeinscha­ftspflege.

„Eine Perspektiv­e, die weiter reicht als diese Welt“

Der Tradition gemäß ritt man um die Rundkapell­e, gelangte in einem weiten Bogen über Bienzen wieder an diesen Ort zurück und empfing vom Geistliche­n den Segen. In seiner Ansprache

„Er hat die Kraft bekommen, seinen Peinigern zu verzeihen und für sie zu beten.“Pfarrer Rupert Willburger in seiner Ansprache über den weihnachtl­ichen Heiligen Stephanus

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FOTO: STILLER
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FOTOS: STILLER 127 Reiter in 16 Gruppierun­gen haben sich am zweiten Weihachtsf­eiertag am Eisenharze­r Stephansri­tt beteiligt.
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Bereits zum 90. Mal ritten die Reiter und ihre geschmückt­en Pferde durch Eisenharz.

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