Und der Blues kommt doch aus Schwaben
Jazzpoint beschließt das Jahr mit einem Konzert von Ignaz Netzer
WANGEN - „Obelix ist als Kind in den Zaubertrank gefallen, Ignaz Netzer in den Mississippi.“So wird er gern beschrieben, der gebürtige Wangener, dem der Blues einfach in den Adern fließt. Dem Jazzpoint ist es gelungen, ‚Naze’ für ein Konzert in seine Heimatstadt zu gewinnen. Am Freitagabend trat das deutsche Urgestein des Blues mit den Musikern Werner Acker (Gitarre), Hansi Schuller (Bass) und Peter Schmidt (Schlagzeug) vor ausverkauftem Haus auf die kleine Bühne.
Vorstand Wolfram Bücking begrüßte das gespannte Publikum, darunter viele alte Hasen, Gründungsmitglieder, die Netzer noch aus seiner Wangener Zeit kennen oder in der Band „Firma Kischke“gar mit ihm musizierten. „Wir spielen Blues und Blues“, eröffnete Netzer das Konzert, „und zwischendrin mal ne kleine Ballade“. Es ziehe ihn in letzter Zeit auch zum Gospel.
„Was sind die zwei entscheidenden Unterschiede zwischen Blues und Gospel?“, fragte er. „Blues ist eher in der Kneipe, Gospel in der Kirche, bei Blues singt einer, bei Gospel viele.“Also ließ Netzer das Publikum bei „Jesus on the Main Line“mitsingen. „Wer am Freitagabend beim Gospel laut mitsingt, muss am Sonntag nicht in die Kirche gehen“, fügte er hinzu.
Der Mann mit der Gitarre und der Mundharmonika und der erdig-rauchigen Stimme war Buchhändler, Schulungsleiter und Realschullehrer. Seit 2001 ist er Profimusiker. In verschiedenen Formationen und Projekten hat er zahlreiche Tonträger aufgenommen. International hat er sich einen Namen gemacht. 2015 war es dann endlich Zeit, ihm den „German Blues Award“zu verleihen.
Mittlerweile hat sich der „beste weiße Bluessänger“, wie er zu Recht getauft wurde, im Hohenlohischen auf einem Bauernhof niedergelassen. Einige Katzen leben bei ihm. „Ich habe fünf Katzen. Vier von ihnen ist meine Musik egal, aber eine kommt immer her, wenn ich zur Gitarre greife und wippt mit dem Schwanz im Takt“, erzählte Netzer. Das ist Bärchen Willi, dem an diesem Abend das Lied „I rock my Blues away“gewidmet wurde.
Aber auch für die getigerte Bessie Smith-Netzer („Sie wollte den Doppelnamen.“) hat Netzer ein Lied geschrieben, als sie mal abgängig war: „Bessie, please come home.“Sie kam wieder.
Dieser Abend war nicht nur für die Freunde des echten Blues eine wahre Freude. Dazu trugen Schuller, Schmidt und Acker enorm bei. Und es zeigte sich: Netzer ist auch ein großartiger, seltsam unaufgeregter Geschichtenerzähler, authentisch, gefühlvoll, melancholisch mit einer Prise Witz. Es stimmt eben: Der Blues kommt aus Schwaben.