Ajatollah
An Ajatollah Ali Chamenei kommt in Iran niemand vorbei – noch nicht einmal die gewählten Staatsführer. Denn die Machtstruktur basiert seit der Islamischen Revolution von 1979 auf der Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten. Diesen bestimmt die Verfassung ideologisch und politisch zur Nummer 1. Nach der Revolution war zehn Jahre lang Ajatollah Ruhollah Chomeini Oberster Rechtsgelehrter. Als der 1989 starb, wählte der Expertenrat – das führende Gremium der Kleriker – Ajatollah Ali Chamenei zu seinem Nachfolger.
Seitdem ist Chamenei der Führer im Lande. Zwar gibt es auch das vom Volk direkt gewählte Parlament und den Staatspräsidenten. Doch vor den demokratischen Wahlen steht der Wächterrat, der Chamenei untergeordnet ist. Dieser Rat aus jeweils sechs Klerikern und Rechtsexperten prüft die Systemtreue aller Kandidaten. Und er bestätigt alle Beschlüsse des Parlaments.
Auch der demokratisch gewählte Präsident Hassan Ruhani braucht für strategische Entscheidungen den Segen Chameneis. Das war auch beim Atomabkommen mit den fünf UNVeto-Mächten und Deutschland 2015 so. Auch im Nationalen Sicherheitsrat, wo fast die gesamte politische und militärische Elite des Landes versammelt ist, hat Chamenei das letzte Wort. Darüber hinaus ist er Oberkommandeur der Armee und der Revolutionswächter. Von 1981 bis 1989 war der 1939 geborene Kleriker selbst Präsident der Islamischen Republik.
Für die Anhänger der islamischen Revolution ist er „der große Führer“. Für seine Kritiker ist er ein erzkonservativer Hardliner, der gegen die Öffnung des Landes zum Westen ist. Beobachter sehen in ihm eher den Garanten der Islamischen Republik: Auch mit Reformern an der Regierung brauche das System einen wie Chamenei zum Überleben. Daher respektieren ihn auch viele Reformer wie Präsident Ruhani, obwohl sie nicht immer seiner Meinung sind. Für die Demonstranten ist Chamenei hingegen die Zielscheibe der Kritik. (dpa)