Gerupft zum Heimspiel
Bei Österreichs Skispringern brennt der Baum
INNSBRUCK - Von wegen Felix Austria. Bei den rot-weiß-roten Skispringern wird nicht erst seit dem Neujahrsspringen der Vierschanzentournee in Garmisch-Partenkirchen das Wort Krise benutzt. Gerade zwei der sechs Springer hatten sich für den zweiten Durchgang qualifizieren können. Unter den Ausgeschiedenen auch Stefan Kraft. Der Doppel-Weltmeister und Sieger des Gesamtweltcups hatte am Montag damit seine Hoffnungen auf den zweiten Tourneesieg begraben müssen.
Für die österreichischen Springer das schlechteste Resultat seit 39 Jahren.
Nach so einem Debakel wird in Österreich nicht nur heftig diskutiert, sondern da wird sofort der Trainer infrage gestellt. Als Anführer dieser Diskussion agiert Alexander Pointner, bis vor vier Jahren selbst noch Cheftrainer. Doch Ernst Vettori, der Sportliche Leiter nordisch im Österreichischen Skiverband, stellt sich vor seinen aktuellen Coach. „Heinz Kuttin ist ein guter Trainer“, sagt er. Auch Präsident Peter Schröcksnadel stehe zu Kuttin. „Er ermutigt uns unseren eingeschlagenen Weg weiterzugehen“, berichtet Vettori am Vortag der Qualifikation (14 Uhr/ZDF) zum dritten Tourneespringen in Innsbruck.
Eine griffige Erklärung für die Krise hat der Trainer nicht. Die Vorbereitung im Sommer sei ähnlich gewesen wie in den Jahren davor, lediglich mit kleinen Abweichungen. „Ich habe mich noch nie so gut vorbereitet gefühlt“, sagt etwa Kraft.
Über viele Jahre befanden sich die österreichischen Skispringer auf Wolke sieben. Und jetzt die Bruchlandung.
Österreichs Skisprung-Legende Toni Innauer hat eine simplen Grund für die schwierige Lage ausgemacht. „Wir haben sehr viele sehr gute Trainer exportiert“, sagt der Tiroler, der als Experte fürs ZDF arbeitet. Er denkt dabei nicht nur an Werner Schuster in deutschen Diensten, sondern auch an Stefan Horngacher bei den Polen, Alexander Stöckl in Norwegen, Ronny Hornschuh in der Schweiz, Andreas Mitter als Entwicklungshelfer in Finnland oder Richard Schallert in Tschechien. „Dadurch fehlen uns gute Coaches im Nachwuchs“, sagt Innauer. Hat Österreich die Krise also durch den Fachkräfteexport selbst verursacht? Vettori und Kuttin sehen es anders. In den Nachwuchsklassen könnten ÖSV-Springer immer wieder Quotenplätze erringen. Zustimmung gibt's in diesem Sinn von Stefan Kraft: „Ich konnte mich unter Heinz zu einem Weltklassespringer entwickeln.“
„Das war eine Watschn“
Auf der anderen Seite will Vettori die Situation auch nicht schönreden. „Das war eine Watschn, dass wir nur so schauen“, sagt er auch noch am Tag nach dem Debakel von Garmisch. Sein Team müsse das Springen analysieren, alles hinterfragen, überall nachjustieren. „Die Verletzungen oder den Wind als Begründung für die miserablen Leistungen will ich nicht gelten lassen, das darf auch keine Ausrede sein.“Immerhin hatten sich Gregor Schlierenzauer und Michael Hayböck kurz vor der Saison am Knie beziehungsweise Sprunggelenk verletzt. Ausgerechnet Gregor Schlierenzauer ist nun auf Position 15 der bestplatzierte Österreicher in der Tourneewertung. Ein Siegkandidat ist der mit 53 Siegen erfolgreichste Springer jedoch nicht.
Nun kommt die Tournee nach Österreich. Das Bergiselstadion ist mit 22 500 Zuschauern bereits ausverkauft. Die meisten erwarten einen österreichischen Sieger. „In Innsbruck habe ich die Chance, wieder in die Spur zu finden“, sagt Kraft. Sein Coach Kuttin ist sich sicher: „Der Druck ist jetzt weg.“Er hofft jetzt auf eine Trotzreaktion.