Besonnener
Südkoreas Präsident Moon Jae -in hat schwere Monate hinter sich. Trotz der aggressiven Politik der nordkoreanischen Nachbarn tritt er für einen Dialog ein und glaubt an die Wiedervereinigung. Deshalb ist der 64-Jährige in der Atomkrise wahlweise als realitätsferner Träumer und Spinner oder als nicht ernstzunehmender Politiker „abgemeldet“worden. Die großen Gegenspieler des nordkoreanischen Raketen-Diktators Kim Jong-un in den USA, China und Japan jedenfalls hatten den Südkoreaner politisch ausgeschaltet.
Nun kommt offenbar Bewegung in die innerkoreanischen Beziehungen und der Präsident ist wieder gefragt. Trotz aller Drohungen und Raketentests aus Pjöngjang setzt der linksgerichtete Moon auf Verständigung und auf die von ihm schon in früheren Jahren maßgeblich mitinitiierte „Sonnenscheinpolitik“– trotz seiner persönlichen Lebenserfahrung.
Moons Eltern waren 1950 kurz nach Ausbruch des Koreakrieges an Bord eines UN-Schiffs aus dem Norden geflohen. Zwei Jahre später wurde er auf der Insel Geoje geboren, zog später mit der Familie in die zweitgrößte Stadt Busan, war ein ausgezeichneter Schüler und studierte danach Jura an der Elite-Universität in Seoul. In dieser Zeit war Südkorea selbst eine Diktatur. Der junge Moon setzte sich an die Spitze der Studentenproteste für Demokratie, wurde zweimal verhaftet und zeitweise exmatrikuliert.
Als Vorbestrafter durfte er weder Beamter werden noch bei Gericht arbeiten. Er wurde Menschenrechtsanwalt und ging dann in die Politik, wo er unter Ex-Präsident Roh Moo-hyun Stabschef wurde. Er hasse das kommunistische nordkoreanische System, sagt Moon. „Das heißt aber nicht, dass ich die Menschen im Norden unter einem Unterdrückungsregime leiden lassen möchte“. Ihm schwebt eine wohldosierte Annäherung vor. Angela Köhler