Maas verteidigt Internet-Gesetz
Die Medienwissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha sieht in AfD-Tweets eine bewusste Strategie
BERLIN (epd) - Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat das neue Netzwerkdurchsetzungsgesetz verteidigt. „Die Meinungsfreiheit schützt auch abstoßende und hässliche Äußerungen. Aber: Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief, um Straftaten zu begehen“, sagte Maas der „Bild“-Zeitung. Das Recht gelte auch für soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter. Nach Sperrung vieler Tweets, darunter einige der AfD, war Kritik laut geworden, das Gesetz befördere Zensur.
BERLIN (epd) - Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat sich in die Debatte um das Gesetz gegen Hass im Internet eingeschaltet. „Die Meinungsfreiheit schützt auch abstoßende und hässliche Äußerungen. Aber: Die Meinungsfreiheit ist kein Freibrief, um Straftaten zu begehen“, sagte Maas. Soziale Netzwerke müssten sich „wie jeder andere auch an unser Recht halten“, betonte der Justizminister.
„Mordaufrufe, Bedrohungen und Beleidigungen, Volksverhetzung oder die Auschwitz-Lüge sind kein Ausdruck der Meinungsfreiheit, sondern sie sind Angriffe auf die Meinungsfreiheit von anderen“, erklärte Maas. Facebook, Twitter und Co. sollten kein Interesse daran haben, dass ihre Plattformen für Straftaten missbraucht werden.
Anfang der Woche hatte Twitter vorübergehend das Profil der AfDBundestagsabgeordneten Beatrix von Storch gesperrt. Hintergrund war ein mittlerweile nicht mehr abrufbarer Tweet, in dem sich Storch über einen arabischsprachigen Tweet der Kölner Polizei zu Silvester geärgert und laut Medienberichten von „barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden“geschrieben hatte. Storch war deswegen unter anderem von der Kölner Polizei wegen Volksverhetzung angezeigt worden. Auch ein Beitrag der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel, die Storch unterstützt hatte, wurde von Twitter gelöscht.
Die AfD nutzte den Fall, um ihre Kritik am neuen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) zu erneuern. Das Gesetz soll soziale Netzwerke zu einem schärferen Vorgehen gegen strafbare Inhalte im Netz verpflichten und gilt seit 1. Januar in vollem Umfang. „Offensichtlich rechtswidrige“Inhalte wie Volksverhetzung, Beleidigung oder Bedrohung müssen nun binnen 24 Stunden nach einer Beschwerde gelöscht werden, für „rechtswidrige Inhalte“gilt eine Frist von sieben Tagen. Eine Sperrung von Accounts sieht das Gesetz allerdings nicht vor. Kritiker sehen in dem Gesetz eine Einschränkung der Meinungsfreiheit. Sie befürchten, dass die Plattformen gemeldete Beiträge aufgrund der drohenden Bußgelder voreilig löschen.
Die Medienwissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha sieht hinter den Tweets eine bewusste Strategie der AfD. „Was wir in den letzten Tagen erlebt haben, ist eine bewährte populistische Strategie: Empörung verursachen, Grenzen austesten und sich dann als Opfer präsentieren“, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Wie gut das funktioniert, hat sich auch diesmal gezeigt: Traditionelle und soziale Medien beißen an“, sagte Holtz-Bacha, die an der Universität Erlangen-Nürnberg lehrt. Aus der Opferrolle lasse sich „das System“, hier in Form des NetzDG, vorführen. Das Gesetz erreiche damit das Gegenteil dessen, was es beabsichtige, sagte Holtz-Bacha.
Auch der Twitter-Account der „Titanic“wurde gesperrt. Die Satirezeitschrift hatte den Wortlaut von Storchs Tweet in einem satirischen Beitrag wiederholt. Am Donnerstagmittag konnte die Redaktion weiter nicht auf ihr Profil zugreifen, wie Chefredakteur Tim Wolff auf Twitter schrieb.
Der Frankfurter Juraprofessor Matthias Jahn mahnte indes, „das Strafrecht extrem zurückhaltend einzusetzen“. „Ich glaube nicht, dass wir uns einen Gefallen damit tun, wenn wir alles, was dem gesellschaftlichen Klima unzuträglich ist, sofort mit dem Strafrecht zu bekämpfen versuchen“, sagte er.