Deutlich weniger Flüchtlinge kommen in den Südwesten
16 000 haben 2016 einen Asylantrag in Baden-Württemberg gestellt – 2015 waren es noch 98 000
STUTTGART (lsw) - Die Zahl der asylsuchenden Flüchtlinge in Baden-Württemberg hat sich im vergangenen Jahr mehr als halbiert. 2017 stellten rund 16 000 Menschen im Südwesten einen Asylantrag, wie das Innenministerium am Donnerstag in Stuttgart mitteilte. 2016 waren es den Angaben zufolge 33 000, auf dem Höhepunkt im Jahr 2015 noch 98 000. Im vergangenen Jahr kamen somit rund 44 Menschen pro Tag nach Baden-Württemberg. Zuvor hatten „Stuttgarter Zeitung“und „Stuttgarter Nachrichten“berichtet.
Die größte Gruppe mit rund 2700 Menschen kam im vergangenen Jahr aus Syrien in den Südwesten. Weitere Herkunftsländer waren Nigeria (1700), der Irak (1500), Gambia (1300) und Afghanistan (600).
„Wir dürfen uns auf diesen gesunkenen Zahlen freilich nicht ausruhen“, erklärte Innenminister Thomas Strobl (CDU). „Wir müssen an einer konsistenten, gemeinsamen europäischen Flüchtlingspolitik arbeiten, an einem europäischen Asylsystem, an dem sich alle beteiligen und das für alle EU-Staaten verbindlich gilt.“Auf diese kontinentale Herausforderung müsse Europa eine kontinentale Antwort geben. „Dazu gehört zum Beispiel auch, dass wir die Leistungen für Asylbewerber in ganz Europa auf einem bestimmten Niveau angleichen.“
Andreas Schwarz, baden-württembergischer Fraktionschef des grünen Koalitionspartners, zeigte sich im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“verwundert über diese Forderungen. „Ich frage mich, warum Herr Strobl über Detailfragen redet – solange die entscheidende Frage noch gar nicht geklärt ist: die Verteilung der Flüchtlinge in den EU-Mitgliedsstaaten“, so Schwarz. „Für Baden-Württemberg kann ich sagen: Es war gut, dass wir von Sachleistungen weggekommen sind hin zu geringfügigen Geldzahlungen. Das stärkt die Eigenverantwortung der Flüchtlinge“, sagte Schwarz weiter.
Innenminister fordert Aussetzung
Strobl wies ferner auch auf die Notwendigkeit hin, die Aussetzung des Familiennachzuges bei subsidiär Schutzberechtigten deutschlandweit zu verlängern. „Wir dürfen die Integrationskraft unserer Gesellschaft und die Integrationsfähigkeit unseres Landes nicht überfordern“, sagte der Minister. Subsidiär Schutzberechtigte sind Menschen, die zwar keine Asylberechtigung haben, aber Gründe dafür vorbringen können, dass ihnen im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht.
Auf Strobls Empfehlung, den Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge über März 2018 hinaus auszusetzen, reagierte SPDFraktionsvize Sascha Binder mit Kritik: „Strobl soll sich um die umfangreichen Aufgaben im Land kümmern und sich endlich mit klugen Ratschlägen in Richtung Berlin zurückhalten, auf die dort ohnehin keiner wartet“, erklärte SPD-Politiker Binder. Strobl habe im Land genug Probleme zu lösen und solle seine Kraft lieber darauf verwenden, anstatt sich in die Bundespolitik einzumischen.
In Baden-Württemberg kamen zum Jahresende 2017 den Angaben zufolge nur noch etwa 5200 Flüchtlinge auf 15 600 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen. Strobl zufolge sollen die Erstaufnahmestellen deswegen weiter reduziert werden. Bis 2019 werde die Kapazität auf 12 000 zurückgefahren.