Durch die Wand
Der Erfolg der Liechtensteiner Firma Hilti basiert auf der Kraft ihrer Bohrhämmer
SCHAAN - Nicht nur die Bohrhämmer der Marke Hilti genießen bei Bauprofis einen legendären Ruf. Auch die charakteristischen roten Kunststoff-Koffer haben fast Kultcharakter. Dass das Unternehmen aus Liechtenstein kommt, wissen dagegen nur wenige Handwerker. Hilti wurde 1941 in einer Garage in Schaan quasi als Start-up gegründet. Dort ist noch immer der Firmensitz. Im Eingangsbereich des Hauptgebäudes dominieren Beton und Glas. Überall hängen Bohrmaschinen und anderes Gerät. Besucher können sich demonstrieren lassen, wie die Profimaschinen funktionieren.
Die Nähe zu Kunden und Nutzern ist dem Familienunternehmen, das seine Produkte im Direktvertrieb verkauft, nach eigenen Angaben genauso wichtig wie in der Anfangszeit. Dabei ist Hilti längst ein Weltkonzern. 2016 sprangen bei einem Umsatz von 4,6 Milliarden Franken (3,95 Milliarden Euro) ein Betriebsgewinn von 604 Millionen Franken (513 Millionen Euro) und ein Reingewinn von 481 Millionen Franken (409 Millionen Euro) heraus. Für 2017 hat Hilti einen leichten Umsatzanstieg angepeilt.
Das Unternehmen beschäftigt weltweit 25 000 Mitarbeiter. 1700 arbeiten in Schaan. Viele davon sind Pendler aus der Schweiz, aus Österreich und auch aus Deutschland. 2015 wurde hier für 120 Millionen Franken ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum erstellt. Und hinter einer Plane entstehen für mehr als 100 Millionen Franken schon wieder neue Gebäude. In Schaan werden Dübel, Nägel und Sägeblätter gefertigt. Seit Jahren produziert Hilti auch in den USA, in Mexiko, Brasilien, Indien, China sowie in Deutschland. Die legendären Bohrhämmer aber kommen aus dem österreichischen Vorarlberg. Die Erlöse werden inzwischen nur noch zu etwa 50 Prozent in Europa erwirtschaftet.
„Wenn wir in den Heimwerkermarkt einstiegen, würden wir Kompromisse machen.“
Seit vielen Jahren steht kein Familienmitglied mehr an der Spitze. Der 71-jährige Michael Hilti, Sohn des Firmengründers Martin und gelernter Betriebswirt, leitete das Unternehmen von 1990 bis 1993. Schon mit Ende 40 zog er sich zurück und war dann bis 2006 Chef des Verwaltungsrates, dem er noch immer angehört. Der wie ein Grandseigneur wirkende Schnauzbartträger hat mit der Gründung eines Trusts die Weichen für die langfristige Sicherung des Unternehmens gestellt. Er ist noch immer sehr präsent im Unternehmen, pflegt aber auch aufwendige Hobbys. Er sammelt hochkarätige Werke der klassischen Moderne von Künstlern wie Picasso oder Giacometti und liebt auch zeitgenössische Malerei.
Präsident des Hilti-Verwaltungsrates ist seit 2016 Heinrich Fischer, der lange für die Firma gearbeitet hat. Führungspositionen werden ausschließlich intern besetzt. Kandidaten für höhere Aufgaben müssen sich bewährt haben. Ceo Christoph Loos, ein Deutscher, steht seit 2014 an der Spitze.
Michael Hiltis Wort zählt in Liechtenstein. Mit Landesfürst Hans-Adam II., zu dem er ein enges Verhältnis pflegt, spielte er als Kind „Cowboy und Indianer“. Hilti mischt sich auch in politische Fragen ein. Schon sehr früh nach Bekanntwerden diverser Steuer- und Schwarzgeldskandale setzte er sich für eine konsequente Weißgeldstrategie ein – erfolgreich, wie er behauptet. Nicht ganz uneigennützig, denn ein schlechter Ruf des Landes schadet auch Hilti.
Selbst in schwierigen Zeiten wie in der
Finanz- und Wirtschaftskrise 2009, die den Umsatz um 20 Prozent Unternehmer Michael Hilti einbrechen ließ, und nach der Freigabe des Frankenkurses 2011 war es für Michael Hilti, „nie ein Thema, aus Liechtenstein wegzugehen“. Auch auf Entlassungen wurde verzichtet. „Wir haben aber unsere Zulieferstrukturen überarbeitet und 200 Mitarbeiter sozialverträglich abgebaut“, sagt er. 70 festangestellte Trainer sorgen für die Vermittlung von Werten wie Toleranz, Respekt und der Bedeutung von Teamarbeit. Mehr als fünf Prozent des Umsatzes fließen in Forschung und Entwicklung. Der Direktvertrieb, entstand „aus der Not heraus, weil unsere Produkte erklärungsbedürftig sind“. Das sei zwar teuer, führe aber auch zu ständigen Innovationen, weil der Kontakt zu den Kunden so eng sei. Der Online-Auftritt und weltweit 730 Hilti-Stores ergänzen die Strategie. Verstärkt angeboten wird „Flottenmanagement“: Hilti verkauft dabei nicht Produkte, sondern vermietet ganze Serviceleistungspakete.
Eine Rückkehr an die Börse, von der sich Hilti 2003 verabschiedet hat, schließt Michael Hilti zwar nicht für alle Zeiten aus. Sie sei aber derzeit „nicht notwendig. Wir haben eine hohe Liquidität von 1,1 Milliarden Franken, eine Eigenkapitalquote von 53 Prozent und sind praktisch schuldenfrei“, sagt er zur Begründung.
Hat Hilti nie eine Ausweitung der Modellpalette auf den Heimwerkerbereich geplant? „Wenn wir in den Heimwerkermarkt einstiegen, würden wir Kompromisse machen“. Im Übrigen könnten ja auch Privatleute Hilti-Produkte kaufen.