Kreditkarte statt Bargeld: Mit Plastikgeld auf der Höhe der Zeit?
Leute, jammern hilft nichts, wir müssen der Realität furchtlos ins Auge blicken: Die Tage des Bargelds sind gezählt! Hat es etwas genützt, auf den Gebrauch der Schreibmaschine zu beharren? Erinnert sich noch jemand tränenden Auges an Telefone mit Wähl- scheiben? Ist die Erde eine Scheibe? Es gibt Entwicklungen, die nicht aufzuhalten sind, also freunden wir uns besser früher als später mit Kreditkarten und anderen bargeldlosen Finanztransaktionen an.
Es war irgendwann Anfang des neuen Jahrtausends, als mich ein Banker entgeistert fragte, ob ich meine Finanzgeschäfte noch nicht online tätige. Es war eine Art Weckruf, schnell fand ich Gefallen an der umfassenden Kontrolle meines Kontos am Computer. Viele Jahre später spielen wir noch immer mit diesen roten Münzen herum, die nur für die Aufbewahrung in alten Flaschen taugen. Aber auch die größeren Münzen und das Papiergeld sind überflüssig, andere Länder haben es längst vorgemacht. Jetzt müssen auch wir den nächsten Schritt tun, und ich bin sicher, es tut gar nicht weh. Es sei denn, der Testosteronspiegel gebietet es, ein von goldener Klammer gehaltenes Bündel Hunderter aus der Tasche zu ziehen, um zu zeigen, was man draufhat. Womöglich handelt es sich hier ebenfalls um ein Auslaufmodell.
b.huettenhofer@schwaebische.de
Eigentlich wäre ich prädestiniert, an dieser Stelle für die radikale Abschaffung des Kleingelds zu plädieren. Münzen, sofern sie offen auf Schränken und Tischen herumliegen, gehören für mich seit jeher zum Ekligsten überhaupt. Wie Leute daneben noch mit Appetit essen können, ist mir bis heute ein Rätsel.
Andererseits weiß ich nicht, ob ich mir wirklich wünschen soll, dass ich die Semmeln, die die Bäckereifachverkäuferin meines Vertrauens stets ehrlich bemüht nur mit folienbewehrten Fingern anfasst, irgendwann ausschließlich mit meiner Kreditkarte bezahlen kann. Wie letztens in Schweden, wo ich angehalten wurde, selbst Kleinstbeträge auf diesem Wege zu entrichten.
Die Karte, ich besitze nur eine, habe ich mir vor Jahren zugelegt, um im Internet Konzertkarten zu kaufen. Für diesen und für ähnliche Zwecke hat sie sich bewährt. Mal abgesehen von einem allgemeinen Unbehagen, das mich bei derlei virtuellen Aktivitäten zwangsläufig regelmäßig beschleicht. Da muss ich nicht auch noch beim Einkauf im Supermarkt unnötig Spuren hinterlassen. Es reicht mir, wenn ich selber weiß, wo mein Geld geblieben ist. Auch aus Gründen der Selbstdisziplinierung beim Einkauf ziehe ich es vor, in Echtzeit zu verfolgen, wie die Scheine in der Kasse verschwinden. In der Regel gibt es nur Kleingeld zurück.
Von Bernd Hüttenhofer
Von Christiane Pötsch-Ritter
c.poetsch-ritter@schwaebische.de