Ministerien prüfen Wahlrechtsreform
CDU-Fraktion lässt Vorschlag der Grünen von Innen- und Justizministerium prüfen
STUTTGART (kab) - Die CDU-Fraktion hat das Innen- und das Justizministerium beauftragt, einen Kompromissvorschlag der Grünen zur Reform des Landtagswahlsystems rechtlich zu prüfen. Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“sieht dieser eine Landesliste vor, auf der die Parteien aber nur Direktkandidaten aufstellen können.
STUTTGART - Grüne und CDU nähren sich bei einer möglichen Reform des Landtagswahlrechts an. Die CDU-Fraktion hat in ihrer Sitzung am Dienstag über einen Kompromissvorschlag des Grünen-Fraktionschefs Andreas Schwarz beraten. Diesen sollen das Innen- und das Justizministerium nun rechtlich prüfen.
Landesliste mit Direktkandidaten
Nach Informationen der „Schwäbischen Zeitung“sieht Schwarz’ Kompromissvorschlag folgendes vor: Zu den 70 direkt gewählten Landtagsabgeordneten kommen weitere über eine Liste. Diese Landeslisten sollen zwar die Parteien aufstellen, allerdings ausschließlich mit Kandidaten, die in den Wahlkreisen nominiert wurden. Nachrücker für diese Listen-Abgeordneten könnten laut Vorschlag deren Zweitkandidaten aus dem Wahlkreis sein.
Der Vorschlag ist ein Zugeständnis an die Bedenken der CDU-Abgeordneten. Diese hatten sich gegen eine Liste ausgesprochen, weil diese die feste Verankerung von Kandidaten in ihren Wahlkreisen schmälere. In Baden-Württemberg haben die Wähler nur eine Stimme. Die in der Regel 50 weiteren Sitze im Landesparlament werden über ein kompliziertes Verfahren vergeben, bei dem die Kandidaten mit den meisten Stimmen auf Ebene der Regierungsbezirke zum Zug kommen, die nicht das Direktmandat gewonnen haben.
Inhaltlich debattiert hat die CDUFraktion über den Vorschlag aber dem Vernehmen nach noch nicht. „Wir haben den Vorschlag der Grünen in der gestrigen Fraktionssitzung zur Kenntnis genommen und sowohl das Innen- wie das Justizministerium um eine rechtliche Einschätzung gebeten“, erklärt CDUFraktionschef Wolfgang Reinhart. „Die warten wir jetzt ab, bevor wir mit dem Partner darüber sprechen.“
Grünen-Fraktionschef Schwarz will sich inhaltlich nicht dazu äußern. „Wir haben Stillschweigen vereinbart, daher kann ich nicht viel sagen“, sagt er der „Schwäbischen Zeitung“. „Die Gespräche werden im März fortgeführt. Es dient der Sache, wenn Anfang März die rechtliche Einschätzung vorliegt.“Aber klar sei: „Für alle gilt die klare Vereinbarung des Koalitionsvertrags.“
Nach Information der „Schwäbischen Zeitung“werden die Spitzen von Grünen und CDU am 6. März weiter über den Kompromissvorschlag reden. Dann trifft sich die Untergruppe des Koalitionsausschusses, die sich mit der Wahlrechtsreform befasst. Diese haben Grüne und CDU eingerichtet, um den Streit um die Reform beizulegen.
Die Fronten zu einer Reform des Landtagswahlrechts hatten sich im Januar verhärtet: Die Grünen pochten auf Einhaltung des Koalitionsvertrags. Darin haben sich die Bündnispartner auf ein „Personalisiertes Verhältniswahlrecht mit geschlossener Landesliste“geeinigt. Die CDUFraktion hat im Januar trotzdem einstimmig dafür votiert, am bestehenden System festzuhalten – und damit eine hitzig geführte Debatte ausgelöst. Die Grünen sprachen von Vertragsbruch, innerhalb der CDU äußerte sich nicht nur die Frauen-Union massiv enttäuscht. Ziel einer Wahlrechtsreform ist es, im Parlament die Gesellschaft „künftig in ihrer ganzen Breite“besser abzubilden, wie es im Koalitionsvertrag heißt – etwa mehr Frauen und Abgeordnete mit Migrationshintergrund.
Grundsätzliche Bedenken bleiben
Die grundsätzlichen Bedenken der CDU-Fraktion würde auch dieser Kompromissverschlag nicht beseitigen, sagt SPD-Fraktionschef Andreas Stoch. „Ich glaube, der Vorschlag wird bei der CDU-Fraktion kaum Zustimmung finden.“Unberücksichtigt bleibe nach diesem Vorschlag nämlich, wie viele Stimmen ein Abgeordneter in seinem Wahlkreis holt, der nicht als Direktkandidat ins Parlament einzieht. „Das ist ein starkes Argument, auch in meiner Fraktion“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende.
Deutlich positiver äußert sich Stochs Parteivorsitzende. „Der Kompromiss zum Landtagswahlrecht geht in die richtige Richtung“, erklärt Leni Breymaier. „Die SPD wird parteiintern dafür Sorge tragen, dass über eine Landesliste mehr Pluralität in der Zusammensetzung des Landtags gegeben sein wird.“Ein solches Instrument habe bisher gefehlt.