Auswärts erfolgreicher
Frankfurts Sportdirektor Fredi Bobic gastiert bei seinem Heimatclub VfB Stuttgart
STUTTGART (dpa/SID/zak) - Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic hat vor der Rückkehr zu seinem Ex-Club VfB Stuttgart heute (15.30 Uhr/Sky) mit der Vergangenheit abgeschlossen. „Es sind einfach Dinge vorgefallen, über die ich öffentlich nie sprechen werde“, sagte der 46-Jährige, der 2014 nach vier Jahren als Sportdirektor bei den Württembergen entlassen worden war, den „Stuttgarter Nachrichten“. Stil- und respektlos sei sein Rauswurf beim VfB Stuttgart im September 2014 gewesen, sagte er einst. „Stuttgart wird immer meine Heimatstadt, der VfB mein Heimatverein bleiben. Aber ich spüre, dass die emotionale Distanz gewachsen ist“, meinte Bobic, der als Spieler 1997 Pokalsieger mit dem VfB wurde. Während seiner Zeit als Sportchef habe es an Kontinuität in der Führung gefehlt: „Es wurden ständig die handelnden Personen ausgetauscht, man ist mal den einen Weg gegangen, dann wieder einen ganz anderen.“
Allerdings war Bobic mit diversen Fehleinkäufen am Niedergang des VfB nicht ganz unbeteiligt. Zudem verscherzte er es sich mit den Talentegurus Frieder Schrof und Thomas Albeck, die jahrelang für den erfolgreichen VfB-Nachwuchs verantwortlich waren, und ließ sie widerstandslos nach Leipzig ziehen. Auch der Verlust der heutigen Nationalspieler Bernd Leno und Joshua Kimmich, die nicht ein Spiel für die VfB-Profis machten, fiel in seine Zeit. Den Abstieg 2016 haben aber dennoch andere zu verantworten.
Von Stuttgarts neuem Trainer Tayfun Korkut, den er einst als U19-Trainer zum VfB holte, ist Bobic derweil überzeugt: „Er ist ein fantastischer Fußballexperte, hat eine klare Handschrift“, sagte der Europameister von 1996: „Deshalb freut es mich, dass er einen Superstart hingelegt hat. Denn jetzt verstummt dieses ganze oberflächliche, populistische Geschwätz.“
Bobic, Sohn eines Slowenen und einer Kroatin, hat in Stuttgart fast sein halbes Leben verbracht. Er ist in Stuttgart aufgewachsen und war beim VfB insgesamt 15 Jahre Jugendspieler (1980-1986), Stürmer (1994-1999) und Sportchef (2010-2014).
In Frankfurt hatte er als Sportdirektor allerdings mehr Erfolge. Auch dank seiner Auf- und Umbauarbeit und der von Manager Bernd Hübner, der ebenfalls für die Transfers verantwortlich ist, steht die Eintracht da, wo sich der VfB schon seit Jahren nicht mehr hat blicken lassen: auf einem ChampionsLeague-Platz. „Man muss Bobic ein Riesen-Kompliment machen“, sagte Michael Reschke, sein Nach-NachNachfolger in Stuttgart. Mit Trainer Niko Kovac habe er „eine Mannschaft geformt, die aktuell sicherlich die aggressivste und willensstärkste Mannschaft der Liga ist.“
Zwölf Jahre lang formte Bobics Vorgänger Heribert Bruchhagen einen stabilen, seriösen Club. Bobic aber treibt die Entwicklung seit 2016 mit einer ungleich größeren Wucht voran. Er hat das Gesicht der Mannschaft radikal verändert, die Scouting-Abteilung, das Anspruchsdenken. Als nächstes kommen der Nachwuchsbereich und vor allem die Infrastruktur der Fußball AG dran.
„In den 18 Monaten haben wir jede Menge Vorhaben in einem Tempo umgesetzt, das früher undenkbar war“, sagte Präsident Peter Fischer. „Bobic muss man nicht lange überzeugen, wenn er die Chance sieht, dass etwas Gutes oder Neues klappen kann. Angriff ist seine Devise. Er sagt gerne: Volle Kanne ran, da bin ich dabei!“
Boateng fällt aus
Bobic sagte einmal: „Ich kann in Frankfurt viel unbefangener arbeiten. Wenn du als Funktionär zu einem Club zurückkommst, bei dem du gespielt hast, heißt es gleich: Der verlorene Sohn kehrt zurück. Du kennst wahnsinnig viele Leute von früher und schreckst hin und wieder auch vor Maßnahmen zurück, die zum Wohl des Vereins eigentlich getroffen werden müssten.“
Bei der Eintracht gibt es nicht viel, vor dem Bobic zurückschreckt. Das wurde im Sommer bei der Verpflichtung von Kevin-Prince Boateng deutlich. Den begnadeten Mittelfeldspieler mit miserablem Image wollte er 2010 bereits nach Stuttgart holen. „Da sind alle um mich herum fast durchgedreht“, sagte er dem „Kicker“. „Das Letzte, was wir wollen, ist ein Kader voller stromlinienförmiger Kicker ohne eigene Meinung“, sagte Bobic. Das war er auch selbst noch nie.
Der gelbgesperrte Boateng und Abwehrspieler Omar Mascarell fehlen Frankfurt heute. Beim VfB ist noch offen, ob Holger Badstuber in der Innenverteidigung oder wie beim 1:0-Sieg in Augsburg im defensiven Mittelfeld spielt. „Es kann sein, muss aber nicht sein“, sagte Korkut. „Es sind alle Spieler an Bord. Aber ich bin jetzt nicht auf der Suche nach irgendwelchen Überraschungen.“Trotz sieben Punkten aus seinen drei ersten Spielen bleibt Korkut demütig: „Was geleistet wurde, ist Vergangenheit. Diese sieben Punkte sind Vergangenheit.“