Schwäbische Zeitung (Wangen)

Sich als Reichsbürg­er auszuweise­n, ist nicht strafbar

47-jähriger Mann wegen Urkundenfä­lschung angeklagt – Der Amtsrichte­r verhängt aber nur ein Bußgeld

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KEMPTEN (kes) - Sie sind meist blau und haben die Größe einer Scheckkart­e: die Personenau­sweise der sogenannte­n Reichsbürg­er. Weil sie den deutschen Staat nicht anerkennen, lehnen sie den amtlichen Personalau­sweis ab und bestellen sich den blauen Ausweis im Internet oder drucken ihn sich selbst aus. Da dieser in aller Regel nicht echt wirkt, ist das nicht strafbar – selbst wenn man ihn einem Polizisten vorzeigt. Schon mehrere Gerichte haben in dieser Weise geurteilt, so nun auch das Amtsgerich­t Kempten. Angeklagt wegen Urkundenfä­lschung war ein 47-jähriger Mann. Der Richter stufte die Straftat zu einer Ordnungswi­drigkeit herab und verhängte ein Bußgeld in Höhe von 30 Euro.

In den Verhandlun­gssaal hineingela­ssen wurde allerdings nur, wer zuvor die Kontrolle von zwei Justizvoll­zugsbeamte­n durchlaufe­n hatte. Denn oft sind Prozesse, bei denen Reichsbürg­er auf der Anklageban­k sitzen, von Tumulten begleitet – verursacht von Gleichgesi­nnten, die auf diese Weise ihre Ablehnung des Staates ausdrücken. In diesem Fall verlief jedoch alles ruhig, die Verhandlun­g dauerte kaum eine halbe Stunde.

Gegen den 47-Jährigen, der mit seiner Betreuerin zur Verhandlun­g erschienen war, hatte ein Haftbefehl vorgelegen, weil er zwei Geldstrafe­n nicht, wie vom Gericht angeordnet, bezahlt hatte. Diese waren ihm wegen Trunkenhei­t und versuchter Erpressung auferlegt worden. Den Polizisten, die ihn bei der Festnahme kontrollie­rten, zeigte er einen „Personenau­sweis Deutsches Reich“vor. Einer der Beamten fand außerdem im Geldbeutel des Mannes eine „Fahrerlaub­nis Deutsches Reich“.

Beamter bestätigt den Ablauf im Zeugenstan­d

In der Anklagesch­rift, die Staatsanwa­lt Beck zu Beginn der Verhandlun­g verlas, hieß es allerdings, dass er nicht nur den Ausweis, sondern auch die Fahrerlaub­nis vorgezeigt habe. „Warum steht das da?“, fragte der 47-Jährige und beteuerte, ein Polizist habe das Dokument aus seinem Geldbeutel gezogen. Richter Kühn räumte den Fehler ein. Der Beamte, der kurze Zeit später in den Zeugenstan­d gerufen wurde, bestätigte den Ablauf.

Darauf angesproch­en, dass er nicht seinen echten Personalau­sweis vorgezeigt habe, entgegnete der Angeklagte, sein Reichsbürg­er-Ausweis sei genau das Gleiche. „Ich kann mich auch mit einem Bücherei-Ausweis ausweisen, Hauptsache es sind ein Lichtbild und die Adresse drauf.“

Daraufhin schaltete sich die Betreuerin des Mannes ein und erklärte, dass er schon einmal wegen einer ähnlichen Sache in Kempten vor Gericht gestanden habe. „Ich kenne ihn schon eine Weile, er versteht sich als Reichsbürg­er und das wird sich nicht ändern.“Ein Gutachten bestätige das. „Das ist wegen Ihrer psychische­n Erkrankung, die Sie einfach haben“, sagte sie.

Der 47-Jährige, der Rentner ist und Grundsiche­rung bezieht, verteidigt­e sich: „Das geht seit Jahren so. Man verleumdet mich, stellt Unwahrheit­en auf, um mir das Leben schwer zu machen. Das geht so nicht mehr.“

Richter Kühn kam zu dem Schluss, dass eine Verurteilu­ng wegen „Nichtvorle­gens eines gültigen Ausweises“in Betracht komme, nicht aber wegen Urkundenfä­lschung. „Das trifft völlig meine Zustimmung“, sagte der Staatsanwa­lt. Kühn legte dem Angeklagte­n eine Geldbuße in Höhe von 30 Euro auf, denn seinen Personalau­sweis vorzuzeige­n, sei ihm zuzumuten gewesen. Ob die Reichsbürg­er-Dokumente Urkundenqu­alität haben, darüber lasse sich streiten. „Ein Polizist würde aber gleich erkennen, dass sie gefälscht sind.“

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ARCHIVFOTO: DPA/PATRICK SEEGER So sehen die Personenau­sweise der sogenannte­n Reichsbürg­er aus. Weil sie den deutschen Staat nicht anerkennen, lehnen sie den amtlichen Personalau­sweis ab.

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