Ein bisschen Frieden
Nordkorea zeigt sich Gesprächsbereit zum Nachbarn im Süden – nicht aber zu den USA
TOKIO - Wenn er etwas durchsetzen will, fährt Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un alles auf, was imponieren könnte – Raketen, Atomsprengköpfe oder Festbankette. Beim Empfang einer südkoreanischen Abordnung in der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang ordnete er nun das ganz große Protokoll an.
Neben Spitzen seiner Partei- und Staatsführung gehörten auch Kim Jong-uns selten gesehene Ehefrau Ri Sol-ju und seine Schwester Kim Yojong, unlängst offizielle Vertreterin bei den Olympischen Winterspielen, zu den Gästen auf nordkoreanischer Seite. Das Staatsessen vermittelte dem Besuch aus Südkorea damit den Eindruck einer privaten Familienfeier, bei der alle die gemeinsame Blutsbande des koreanischen Volkes spüren konnten.
Gipfeltreffen der Staatschefs
Kim Jong-un redete viel davon, aber was er seinem Gegenüber wirklich versprach, ist bisher nicht amtlich. Nur das Blaue Haus in Seoul, der Amtssitz des südkoreanischen Präsidenten, verkündete die frohe Botschaft, dass der Diktator aus Pjöngjang den Staatspräsidenten aus Seoul persönlich kennenlernen möchte. Nun soll ein Gipfeltreffen im April am schwer bewachten Grenzkontrollpunkt Panmunjom verabredet worden sein.
Wenn es dazu kommt, wäre dies ein erheblicher Erfolg für den jungen Herrscher. Zu diesem Zeitpunkt wollten die USA und Südkorea eigentlich in jahrzehntelanger Tradition gemeinsame Militärmanöver abhalten. Die Übung war wegen der Olympischen Winterspiele schon auf den März verschoben worden. Südkoreas Präsident müsste Donald Trump wohl noch einmal darum bitten, diesen riesigen Militäraufmarsch auf einen späteren Zeitpunkt zu verlegen oder 2018 sogar gänzlich abzusagen.
Nordkorea erwartet dies als Vorleistung für Gespräche über Entspannung oder gar Kooperation auf der seit fast 70 Jahren geteilten Halbinsel. In diesem Jahr ist die Manöverplanung aggressiver als sonst zu nennen. Die USA wollen dabei erproben, wie man Nordkoreas Führung militärisch „enthaupten“oder wenigstens politisch handlungsunfähig machen und deren Atomwaffenarsenal zerstören könnte. Mit seiner Einladung zum Dialog hat Kim Jong-un diese Pläne wohl erst einmal durchkreuzt. Er treibt einen tiefen Keil in die amerikanisch-südkoreanische Sicherheitsallianz.
In Seoul schwärmen politische Träumer daher bereits von einer „neuen Geschichte der Wiedervereinigung“. In Richtung der USA habe die nordkoreanische Seite beteuert, ihr Land habe keinen Grund, Atomwaffen zu besitzen, sollten „die Sicherheit des Systems garantiert und militärische Bedrohungen Nordkoreas“beseitigt sein, wie Südkoreas nationaler Sicherheitsberater Chung Eui Yong nach der Rückkehr sagte. US-Präsident Donald Trump reagierte positiv, aber abwartend auf die Ankündigung des Gipfeltreffens. „Erstmals in vielen Jahren ist durch alle beteiligten Parteien eine ernsthafte Anstrengung unternommen worden“, schrieb er auf Twitter. „Die Welt wartet und sieht zu.“Es könne sich um falsche Hoffnungen handeln.
Tatsächlich ist auch diesmal Skepsis und Vorsicht geboten. Denn in einem internen Erlass an Nordkoreas Spitzenfunktionäre soll Kim Jong-un klargestellt haben, dass er gar nicht daran denke, mit den „USAImperialisten“ernsthafte Gespräche über sein Atomprogramm zu führen. Nordkorea werde niemals und mit niemandem Kompromisse schließen, die Pjöngjang nicht als vollwertige Atommacht anerkennen. Man müsse aber die Südkoreaner in der Illusion lassen, dass sie eine echte Vermittlerrolle spielen dürften. Kritische Stimmen in Seoul warnen, dass Diktator Kim ein politisches Glücksspiel betreibt.