Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ökolandpro­jekt sucht weitere Mitstreite­r

Im Frühjahr soll sich in Zell einiges tun – Vortrag über „Das neue Dorf“am 9. März

- Von Katrin Bölstler

ROT AN DER ROT - Vor mittlerwei­le zwei Jahren hat die Regionale Wirtschaft­sgemeinsch­aft Allgäu (Rewig) die frühere Demeter-Gärtnerei in Zell übernommen. 2018 will das Team auf dem Gelände einiges verändern und ihre Philosophi­e der solidarisc­hen Gemeinwohl-Ökologie und -Ökonomie noch mehr Menschen nahebringe­n.

Es ist bitterkalt in Zell. Minus elf Grad zeigt das Außentherm­ometer Anfang dieser Woche. Im Gewächshau­s hingegen ist es warm, obwohl es dort keine Heizung gibt. Während draußen der weiße Schnee glitzert, ist drinnen alles grün und braun. Die Petersilie sprießt büschelwei­se in den Beeten, genauso wie Brennnesse­ln und andere Kräuter. Sichtlich zufrieden blickt Robert Briechle auf die Beete. Er freut sich, dass die Erde, die er und die anderen Ehrenamtli­chen seit zwei Jahren nach dem Prinzip der Permakultu­r bearbeiten, so offensicht­lich lebt.

Während es die vergangene­n zwei Jahre darum ging, das Projekt zum Laufen zu bringen und die Gewächshäu­ser neu zu bepflanzen, soll es im Frühjahr 2018 im Außenberei­ch weitergehe­n. Geplant ist, dort ein großes Beet anzulegen und nach den Prinzipien der Gemeinwohl-Ökonomie zu bewirtscha­ften. Es geht um viel mehr als nur um den Anbau von Gemüse und Obst. Briechle und seine Mitstreite­r streben nicht weniger als ein komplettes Umdenken an, und zwar in allen Bereichen. Wie wir miteinande­r umgehen, wie wir leben und wie wir arbeiten. Gemeinscha­ftlich soll für die gemeinsame Sache gearbeitet, die Risiken zusammen getragen und der Ertrag untereinan­der geteilt werden.

Das Miteinande­r im Fokus

Diesem Konzept liegt die Theorie des „neuen Dorfs“zugrunde, entwickelt von dem Hamburger Ralf Otterpohl. Der Professor für Wasserwirt­schaft leitet das Institut für Abwasserwi­rtschaft und Gewässersc­hutz der Technische­n Universitä­t Hamburg. Otterpohl lehrt in Hamburg unter anderem ländliche Entwicklun­g. Briechle und er arbeiten seit Jahren zusammen, der Allgäuer Bauer hat mittlerwei­le den Hof seiner Eltern in ein Modell des „neuen Dorfs“verwandelt.

In seinem Buch beschreibt Otterpohl eine Utopie: Das Dorf der Zukunft ist dabei ein produktive­s Paradies, das aus vielen kleinen Minifarmen besteht. Die Pächter oder Eigentümer bauen eine Vielfalt von Nahrungsmi­ttel an und stellen auch was sie sonst brauchen, weitgehend selbst her.

Neben der Landwirtsc­haft soll es auf dem Gelände viele weitere Kleinbetri­ebe, Werkstätte­n, Gemeinscha­ftsbüros, Heilpraxen und häusliche Altenpfleg­e geben. Das Leben in der Gemeinscha­ft soll den Zusammenha­lt fördern und die Arbeit mit der Natur alle Menschen wieder erden. Die Wiederbele­bung ausgelaugt­er Böden gilt dabei als wichtiges Ziel, um den nachfolgen­den Generation­en eine gesunde Erde zu hinterlass­en.

Bodenverdi­chtung ein Problem ?

Briechle sieht in der Verdichtun­g des Bodens, wie sie durch die Bearbeitun­g mit Maschinen passiert, ein ernstes Problem. „Ein guter Boden ist durchlässi­g und voller Leben. In der Permakultu­r betrachten wir die Maus und den Regenwurm nicht als Feinde, sondern als Mitarbeite­r“, erklärt er. Anstatt immer nur an den Ertrag und eine Gewinnmaxi­mierung zu denken, gehe es ihnen darum, die Natur zu verstehen und ihre Arbeitsmec­hanismen nachzuahme­n.

Ab dem Frühjahr soll das Gelände in Zell noch häufiger Besuchern offenstehe­n als im vergangene­n Jahr. Es wird Vorträge und andere Aktivitäte­n geben. Einige der Ehrenamtli­chen werden, sobald es die Witterung zulässt, Tipis aufstellen und dort übernachte­n. Die ehemalige Gärtnerei soll ein Ort des Austauschs und Kennenlern­ens werden. Außenstehe­nde können vorbeikomm­en und einfach mitmachen.

Ralf Otterpohl hält am Freitag, 9. März, in der Mehrzweckh­alle in Ellwangen-Rot um 19 Uhr einen Vortrag über die Utopie des „neuen Dorfs“. Wer an diesem Termin keine Zeit hat, kann am 19. März nach Unterthing­au auf den Hof von Robert Briechle kommen. Dort wird der Vortrag ebenfalls um 19 Uhr wiederholt. Weitere Informatio­nen zu den Vorträgen und zum Projekt unter https://g-oeko-land.de/

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FOTO: KATRIN BÖLSTLER So sieht es momentan, Anfang März, in den Gewächshäu­sern in Zell aus. Während draußen Schnee liegt, grünt und blüht es drinnen.

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