Vettel, der Reifenflüsterer von Bahrain
Bei seinem zweiten Saisonsieg muss der deutsche Formel-1-Pilot wegen der Pneus bangen
SAKHIR (SID/dpa) - Sebastian Vettel sprang auf seinen Ferrari und reckte wieder und wieder beide Fäuste in die Luft, über ihm erleuchtete zeitgleich ein Feuerwerk die Nacht in der Wüste von Bahrain. Der zweite Sieg beim zweiten Saisonlauf der Formel 1 ließ Vettel förmlich schweben – denn ein nervenaufreibender Reifenpoker und der Unfall eines Ferrari-Mechanikers hatten für viele heikle Momente während der gut eineinhalb Stunden des Rennens gesorgt. „Wir hatten Stress, wir hatten Druck“, sagte Vettel auf dem Podium, „aber wenn man unter diesen Bedingungen gewinnt, dann schmeckt das noch viel süßer“.
Am Ende musste das MercedesDuo Valtteri Bottas und Lewis Hamilton sich mit den Plätzen zwei und drei begnügen. Vettel hatte nie zuvor als Ferrari-Pilot zwei Triumphe in Folge gefeiert, zuletzt war ihm das 2013 im Red Bull gelungen. Er hat nun die Maximalausbeute von 50 Punkten auf dem Konto, Weltmeister Hamilton (33 Punkte) ist weiterhin Zweiter der Fahrerwertung.
„Diese Reifen waren die letzten zehn Runden hinüber, völlig hinüber, Mamma Mia!“, schrie Vettel schon nach der Zieldurchfahrt losgelöst in den Boxenfunk. Denn bis zur letzten Runde war fraglich, ob die Pneus halten. Den perfekten Abend für Ferrari machte allerdings der zweite Stopp von Vettels Teamkollegen Kimi Räikkönen zunichte. Der Finne fuhr bereits an, als an seinem linken Hinterrad noch gearbeitet wurde – der betroffene Mechaniker erlitt laut einer ersten Diagnose einen Schien- und Wadenbeinbruch, wie Ferrari mitteilte. Bei Vettel und dem Rest des Teams sorgte der Unfall für „gemischte Gefühle“, wie der Deutsche sagte: „Wir schicken ihm unsere besten Wünsche und wissen, dass man sich gut um ihn kümmert.“Für Räikkönen war das Rennen indes nach dem unvollständigen Stopp beendet.
Red Bull: Dienstende in Runde drei
Ein Debakel erlebte das hoch gehandelte Red-Bull-Team, das durch Max Verstappen (Niederlande) und Daniel Ricciardo (Australien) bis zur dritten Runde beide Autos verlor. Der Franzose Pierre Gasly glänzte als Vierter im Toro Rosso. Der Emmericher Nico Hülkenberg belegte im Renault den guten sechsten Platz.
Vettel war von der Pole Position aus mit einem großen Vorteil gegenüber Hamilton gestartet. Der Brite hatte aufgrund eines Getriebewechsels eine Fünf-Plätze-Strafe erhalten und ging nur vom neunten Platz ins Rennen. Vettel gab sich beim Start keine Blöße, allerdings verlor Räikkönen das finnische Duell um Platz zwei mit Bottas – Ferraris Vorteil der Doppelführung war umgehend verloren. Hinter dem Führungstrio überschlugen sich die Ereignisse: Max Verstappen, der seinen Boliden im Qualifying in die Bande gesetzt hatte, schlitzte sich an Hamiltons Mercedes seinen linken Hinterreifen auf. Fast zeitgleich musste auch Daniel Ricciardo das Rennen mit einem Defekt beenden. Lewis Hamilton machte derweil schnell Asphalt gut und verbesserte sich auf Rang vier.
Zum entscheidenden Faktor entwickelten sich in der Folge die unterschiedlichen Reifen- und Boxen-Strategien von Ferrari und Mercedes. Vettel, der sich im Qualifying im letzten Moment auf die Pole Position geschoben hatte, und Räikkönen waren zunächst auf der weichsten verfügbaren Mischung (Supersoft) unterwegs und fuhren früh erstmals in die Box. Hamilton hatte sich als einziger Topfahrer für die härteren Softreifen entschieden und blieb länger auf der Strecke. Beide Mercedes wechselten beim einzigen Stopp auf den Mediumreifen und konnten das Rennen ohne zweiten Stopp beenden.
Ferrari gingen durch den Ausfall Räikkönen weitere taktische Möglichkeiten aus. Vettel musste sein ganzes Können aufbieten, er wollte nun auf den weicheren Reifen durchfahren. Hinter ihm Bottas und Hamilton, der Brite war zu weit weg. Bottas näherte sich aber. Es kam zum Showdown in der letzten Runde, aber Sebastian Vettel ließ sich den Sieg, seinen vierten in Bahrain, nicht mehr nehmen.