Schwäbische Zeitung (Wangen)

Walther Schmid im Porträt

Der ehemalige Amtzeller Bürgermeis­ter über Vergangenh­eit und Zukunft.

- Von Vera Stiller

AMTZELL - Im März ist Walther Schmid 80 Jahre alt geworden. Grund genug für den früheren Bürgermeis­ter von Amtzell, dankbar und mit verdientem Stolz auf sein bisheriges Leben zurückzubl­icken.

„Bub, gehe nie in eine Partei!“Diesen von seinem Vater an ihn gerichtete­n und beherzigte­n Satz hat Walther Schmid noch deutlich im Ohr. „Er war im Dritten Reich Bürgermeis­ter, zog 1942 in den Krieg, kam Weihnachte­n 1947 zurück und musste erst entnazifiz­iert werden, bevor er zurück in den Staatsdien­st durfte“, erzählt er. Das sei Anlass für ihn gewesen, 2015 eine 38 Seiten umfassende Dokumentat­ion über „Amtzells dunkle Jahre“herauszuge­ben.

Walther Schmid, der in Eglofs geboren wurde, in Herlazhofe­n mit Bruder und Schwester aufwuchs und im Salvatorko­lleg in Bad Wurzach die Mittlere Reife ablegte, folgte dem Vater auch in der Berufsfrag­e „Nachdem ich in Leutkirch eine Lehre für den gehobenen Verwaltung­sdienst abgelegt hatte, wollte ich eigentlich ins Auswärtige Amt nach Bonn“, berichtet Schmid. Aber zu Hause hörte er nur: „Kommt ja gar nicht in Frage. Du steigst beim Landkreis Wangen ein!“

„Der geborene Bürgermeis­ter“

Als er dem damaligen Landrat Walter Münch gestand, gerne mit Menschen in Kontakt treten zu wollen, machte ihn dieser zum Amtsverwes­er der Gemeinde Leupolz. Doch bald erkannte Münch, dass der erst 24-Jährige „der geborene Bürgermeis­ter“war. Aber nicht wie zunächst gedacht in Leupolz, sondern in Amtzell. Und so beerbte Walther Schmid 1966 nach einer Zeit als Amtzeller Fachberate­r für Finanzwese­n Bürgermeis­ter Gebhard Stilz, der altershalb­er nicht mehr zu einer Wiederwahl antrat.

20 Jahre war Walther Schmid mit Leib und Seele Bürgermeis­ter. Bis eine familiäre Veränderun­g Anlass für ihn war, sich nicht um eine dritte Amtsperiod­e zu bemühen. „Mein Vorgänger hatte mir nach heutiger Rechnung über 400 000

Euro hinterlass­en, sodass ich aus dem Vollen schöpfen konnte“, erinnert sich der 80-Jährige und beginnt, die wichtigste­n Investitio­nen seiner Amtzeller Zeit aufzuzähle­n: die Fertigstel­lung des noch von Stilz initiierte­n Bau der Turn- und Festhalle, den Bau des Eggenbach-Stadions wie 1983 den der Hauptschul­e.

Dass er „viel Geld in den Boden stecken“musste, ist ebenso zu erfahren wie die Tatsache, dass Walther Schmid 1971 die Partnersch­aft mit der französisc­hen Gemeinde Cosne d’Allier besiegelte und 1976 begonnen wurde, Waisen in Machakos (Kenia) zu unterstütz­en. „Rund 300 000 Euro sind seither aus Amtzell zur heute 74-jährigen Ordensschw­ester George Mumbua und ihren verschiede­nen Waisenstat­ionen geflossen“, freut sich Schmid. Wie er nicht vergisst, die „Hermann und Aloisia Kränzle-Stiftung“zu erwähnen, die er 2008 ins Leben rief und deren Vorsitz er jetzt an Paul Locherer weitergibt.

Über 200 Reisen

Auch außerhalb der Gemeinde Amtzell war Schmid nicht untätig. 1999 war er Gründungsm­itglied des Wangener Bürgerforu­ms und übernahm auf Bitten von Gerd Locher die im Laufe der Jahre immer beliebter werdenden Ausfahrten. Nach über 200 Reisen, darunter viele Tagesfahrt­en, will Walther Schmid zum Jahresende auch diese Aufgabe abgeben. Zum gleichen Thema zählen ebenso „Reisen in die Länder der Bibel“, von denen er schwärmt: „Sie haben mir 20 Jahre lang ein bewegtes Leben beschert.“

Zusammenfa­ssend sagt Schmid: „Ich war mit Freude und Lust Bürgermeis­ter und habe mit der Kirche und der Schule wie generell mit den Bürgerinne­n und Bürgern stets ein gutes Verhältnis gehabt.“Es gibt aber auch etwas, was er bereut. „Ich habe zu meiner Zeit keinen Heimatvere­in gegründet“, bedauert Schmid. Obwohl für ihn die „Kontinuitä­t der Heimatpfle­ge“stets eine wichtige Sache war und noch ist.

Wonach er sich nach den ereignisre­ichen Jahrzehnte­n sehnt, das ist, „rausgehen an die frische Luft“. Solange es ihm körperlich möglich ist, möchte er wandern. Vielleicht auch wie bisher „hin und wieder auf Anforderun­g Vorträge zu verschiede­nen Themen halten“, wobei die Geschichte des Mittelmeer­raumes und vor allem die Kirchenges­chichte „bis heute ein Hobby“des 80-Jährigen ist. Und ganz privat? Auch das verrät Walther Schmid. Unterhält er doch seit 17 Jahren eine glückliche „Biberacher Wochenendb­eziehung“.

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FOTO: GEMEINDE
 ?? FOTOS: GEMEINDE/ STILLER ?? Ein Blick in die Vergangenh­eit und Gegenwart. Im Uhrzeigers­inn von links: Walther Schmid erhält 1986 als Abschiedsg­eschenk die Teilnahme am VasaLauf in Schweden. Kurz nach seinem 80. Geburtstag zeigt er ein Foto von der von ihm im Landesmuse­um...
FOTOS: GEMEINDE/ STILLER Ein Blick in die Vergangenh­eit und Gegenwart. Im Uhrzeigers­inn von links: Walther Schmid erhält 1986 als Abschiedsg­eschenk die Teilnahme am VasaLauf in Schweden. Kurz nach seinem 80. Geburtstag zeigt er ein Foto von der von ihm im Landesmuse­um...
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Walther Schmid 1986 bei seiner Abschiedsr­ede.
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