EU sucht nach dem richtigen Druckmittel
Bisher bleibt Orbán gegenüber Brüssel hart – bald könnte es ums Geld gehen
BRÜSSEL - Die EU hat seit Jahren Probleme mit Viktor Orbán – wegen seiner Vorhaben zur Einschränkung der Bürgerrechte, der Unabhängigkeit der Justiz sowie der Medien- und Meinungsfreiheit, wegen seiner extrem restriktiven Flüchtlingspolitik und wegen der als antisemitisch eingestuften Töne aus Budapest gegen den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros. Alle Versuche aus Brüssel, den ungarischen Regierungschef davon abzubringen, europäische Werte in Frage zu stellen, sind bisher vergeblich. Weder Vertragsverletzungsverfahren noch Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof beeindruckten Orbán.
Für Brüssel ist es schwierig, energisch gegen die Regierung in Budapest vorzugehen. Orbáns Fidesz-Partei ist – anders als die ebenfalls seit Jahren in der Kritik stehende polnische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) – Mitglied der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP). Sie ist die größte Parteienfamilie im Europaparlament, der auch CDU und CSU angehören.
Nachdem viele frühere Vertragsverletzungsverfahren im Sande verliefen oder nach eher kosmetischen Korrekturen wieder eingestellt wurden, machte die Kommission im Dezember ernst. Wegen zwei Gesetzen, die sich gegen die ausländische Finanzierung von Hochschulen und Nichtregierungsorganisationen richten, zog sie im Dezember vor den Europäischen Gerichtshof.
Für Joachim Fritz-Vannahme von der Bertelsmann-Stiftung wird auch eine Verurteilung in Luxemburg das Problem nicht lösen. „Wirkliches Mittel“, um Orbán unter Druck zu setzen, seien eher die nun beginnenden Verhandlungen über den mehrjährigen EU-Finanzrahmen ab 2021, sagte er. Ungarn ist einer der größten Nettoempfänger von EU-Geldern.
Aber auch hier könne die EU den Bogen nicht überspannen, warnte Fritz-Vannahme. Denn am Ende ist in den Budget-Gesprächen Einstimmigkeit nötig. „Wenn der mehrjährige Haushaltsrahmen blockiert wird, dann bleibt das aktuelle Budget in Kraft“, sagt der EU-Experte. Damit könne Budapest „sehr bequem“leben. (AFP)