Union und SPD: erst Streit, jetzt Kabinettsklausur
Die Große Koalition will ihr Regierungsprogramm für die kommenden Monate festlegen
BERLIN - Auf einer zweitägigen Klausur will die Große Koalition ab Dienstag ihr Regierungsprogramm für die kommenden Monate festlegen. Doch bei der Tagung auf Schloss Meseberg nahe Berlin müssen Union und SPD auch atmosphärische Störungen ausräumen.
Horst Seehofer legte noch einmal nach, und auch SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles erneuerte ihre Kritik. „Die Sozialdemokraten stehen immer noch neben der Spur“, stichelte der CSU-Chef und Innenminister. „Ich rate ihnen zu mehr Gelassenheit“, lautete seine Empfehlung an den Koalitionspartner. Auch vor Beginn der Klausur im brandenburgischen Meseberg am Dienstag haben sich Union und SPD gestritten.
Jetzt sei die Kanzlerin gefordert, sieht die designierte SPD-Chefin Andrea Nahles vor allem Angela Merkel am Zug. Die CDU-Vorsitzende müsse ein Machtwort sprechen und die Querschüsse von Seehofer und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) beenden. Langsam müsse „ein Gesamtbild entstehen, wohin es denn in den nächsten Monaten gehen soll“, erklärte Nahles. „Es wäre gut, wenn sich die Unionsminister endlich auf ihre Arbeit konzentrieren, statt sich in Überschriften zu überbieten“, fordert auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. Dafür müsse jetzt die Kanzlerin sorgen.
Seehofer und Spahn hatten zuletzt für Unruhe gesorgt: Der CSU-Chef bekräftigte seine Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. „Wir wollen keine Parallelgesellschaften und kein Multikulti“, so Seehofer am Montag laut Teilnehmerangaben in einer Sitzung des CSU-Vorstandes. Seine Pläne für den Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutz stoßen beim Koalitionspartner SPD auf Widerstand. CDUPräside Spahn war mit seinen Erklärungen zu Hartz IV und Armut und der Inneren Sicherheit bei den Genossen angeeckt.
Doch Seehofer erhält Unterstützung auch aus den Reihen der CDU: Ein Machtwort von Kanzlerin Angela Merkel in Richtung CSU-Chef und CDU-Mann Spahn brauche es nicht, sagte CDU-Vizechefin und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner. „Lasst doch mal die Kirche im Dorf“, erklärte sie. „Dass die SPD uns jetzt belehren müsste, zu was man sich äußern darf – ich nehm’s zu Kenntnis“, so Klöckner.
Kramp-Karrenbauer mahnt
Das Kabinett müsse endlich seine Arbeit aufnehmen, mahnt aber auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Jedes Ministerium habe klare Arbeitsvorgaben, die jetzt umgesetzt werden, am besten in einer Art Wettbewerb der Unionsund SPD-geführten Ressorts. Die Bürgerinnen und Bürger erwarteten dies von der Bundesregierung. Ziel des Treffens sei es, einen klaren Zeitplan für die Regierung zu entwickeln, so die Vorgabe bei beiden Koalitionspartnern. Bis Ende April wird Bundesfinanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) den Entwurf des neuen Bundeshaushaltes vorlegen. Streit droht beim Thema Migration und hier vor allem beim Familiennachzug.
Meldungen über einen milliardenschweren Dieselfonds zur Nachrüstung von Fahrzeugen mit alter Technik wollte die Bundesregierung am Montag nicht bestätigen.