Wahlparty mit Fausthieb
Die Attacke auf Freiburgs neuen Oberbürgermeister Martin Horn hat keinen politischen Hintergrund – Täter ist nach Polizeiangaben verwirrt
FREIBURG - Mit Überraschungen muss an der Dreisam offenbar jederzeit gerechnet werden: Die Freiburger hievten vor 16 Jahren den ersten grünen Oberbürgermeister ins Amt, jetzt wählten sie ihn ebenso überraschend ab und kürten einen Außenseiter. Und dann kassierte das frischgebackene neue Stadtoberhaupt am Sonntagabend auf der Wahlparty einen Fausthieb – auch das haben die Freiburger exklusiv. Um kurz nach neun herrschte helle Aufregung im Tanzsaal des Friedrichsbaus, die Attacke auf Martin Horn stoppte die frenetisch-ausgelassene Stimmung, der Wahlsieg des 33-Jährigen war vorübergehend nicht mehr Gesprächsthema Nummer eins.
Wie erste Ermittlungen des Staatsschutzes ergaben, war die Attacke nicht politisch motiviert, teilte die Polizei am Montag mit. Bei dem festgenommenen Angreifer, einem 54-Jährigen aus dem Raum Freiburg, gebe es Hinweise auf eine psychische Erkrankung.
Horn sagte am Montag, er habe eine gebrochene Nase, zwei gebrochene beziehungsweise zersplitterte Zähne sowie Wunden rund um das linke Auge. Zudem sei bei der Attacke seine Brille zerstört worden. Davon lasse er sich jedoch nicht unterkriegen, sagte Horn. „Mit Blick auf das tolle Wahlergebnis überwiegen Freude und Dankbarkeit.“Horn war in einem Krankenhaus behandelt worden, hatte aber später am Abend wieder an seiner Siegesfeier teilgenommen. Seine achtjährige Amtszeit beginnt am 1. Juli.
Horn kündigte an, den sozialen Wohnungsbau stärken zu wollen. Es fehle preisgünstiger Wohnraum. Davon betroffen seien nicht nur sozial Schwache, sondern weite Teile des Mittelstandes. In Freiburg als einer der am schnellsten wachsenden Städte Deutschlands sei dieses Problem besonders groß. Viele Familien könnten ein Leben in der rund 230 000 Einwohner zählenden Stadt kaum noch finanzieren, viele Wohnungen oder gar Häuser seien für sie nicht bezahlbar, sagte Horn. Nötig sei neuer Wohnraum, den sich auch Gering- und Normalverdiener leisten könnten. Dies werde einer der Schwerpunkte seiner Politik als Stadtoberhaupt sein.
In einem Interview mit der „Badischen Zeitung“kündigte Horn an, dass er eine Politik für ganz Freiburg machen wolle, „überparteilich“. Es sei keine Frage, dass es inhaltlich große Schnittmengen mit der SPD gebe, der er für die Unterstützung sehr dankbar sei. Aber es werde auch Entscheidungen geben, „die nicht allen in der SPD gefallen“. Er habe kein Parteibuch und werde auch im neuen Jahr keines haben. „Es geht mir um das Verbindende. Mir geht es darum, möglichst viele mitzunehmen – je nachdem, um welche Sachfrage es geht.“Offenbar hat Horn die Fehler seines Vorgängers exakt geortet. Er stehe für eine klare inhaltliche Kurskorrektur, für eine transparente Kommunikation und für eine Bodenhaftung, die er auch als OB nicht verlieren werde.