Südafrikas Farmer fürchten Enteignung
In der Landwirtschaft ist Südafrika eine Großmacht: Kornkammer Afrikas, Lieferant von Wein und Obst für europäische Supermarktkunden. Farmen erreichen bisweilen die Größe eines deutschen Landkreises. Rückgrat dieses Industriezweigs, der für das Land am Kap eine enorme Bedeutung hat, sind auch zweieinhalb Jahrzehnte nach Ende der Apartheid vor allem weiße Farmer.
Die Nachkommen europäischer Siedler machen gut acht Prozent der Bevölkerung Südafrikas aus. Doch in der Hand weißer Farmer befinden sich knapp drei Viertel des Agrarlands, kaum weniger als zum Ende der Apartheid 1994. Damals waren es 85 Prozent. Jetzt unternimmt der Afrikanische Nationalkongress (ANC), der Südafrika seit der demokratischen Wende regiert, einen erneuten Anlauf, diese Vormachtstellung der Weißen zu brechen. Enteignung ohne Entschädigung – diese Losung hat die Partei Anfang des Jahres ausgegeben. Auch das Parlament, in dem der ANC die absolute Mehrheit hat, hat einen entsprechenden Beschluss gefasst. Gleichzeitig versprach die Regierungspartei, dass das Vorhaben weder die Nahrungsmittelproduktion noch die Wirtschaft insgesamt beeinträchtigen werde – wie das zusammenpassen soll, wurde nicht erklärt.
Abschreckendes Beispiel Simbabwe
Dabei würde ein Blick nach Norden reichen, um die Gefahren eines solchen Weges deutlich zu machen: Im Nachbarland Simbabwe hat der frühere Diktator Robert Mugabe schon im Jahr 2000 viele weiße Farmer entschädigungslos enteignet. Es kam zu Morden und Plünderungen, und in der Folge zu einer Hungersnot und dem Zusammenbruch der Wirtschaft. In Simbabwe wurde Mugabe vergangenes Jahr schließlich aus dem Amt gejagt. In Südafrika hat der einstige Freiheitskämpfer, der sein Vorgehen stets mit anti-imperialistischer Rhetorik verbrämte, noch immer Bewunderer.
Hier ist das Thema nun just zu einer Zeit wieder auf die Tagesordnung gekommen, als die weiße Minderheit im Land gerade etwas Hoffnung auf Besserung geschöpft hatte: Denn derselbe ANC-Parteitag Anfang des Jahres, der entschädigungslose Enteignungen forderte, hat auch Jacob Zuma das Vertrauen entzogen. Südafrikas korrupter und bei Weißen wie zuletzt auch bei Schwarzen äußerst unbeliebter Präsident musste in der Folge den Weg freimachen für seinen Nachfolger Cyril Ramaphosa. Dem neuen Staatschef, der einst Nelson Mandelas Chefunterhändler bei den Verhandlungen für ein demokratisches Südafrika war, wird eigentlich zugetraut, Brücken zu bauen zwischen der Mehrheit der Schwarzen und den Weißen, die gut acht Prozent der Bevölkerung ausmachen. Aber Ramaphosa steht auch unter Druck: 2019 stehen Wahlen an, und der ANC fürchtet die Konkurrenz der linksradikalen Oppositionspartei Economic Freedom Fighters (EFF), die weißen Unternehmern ganz grundsätzlich an den Kragen will, auch in anderen Wirtschaftszweigen.
In diesem Klima ist die ohnehin schon hohe Zahl sogenannter „Farmmorde“in Südafrika zuletzt weiter gestiegen: Immer wieder greifen Banden einsam gelegene Höfe an und ermorden weiße Bauern, ihre Frauen und auch Kinder. Farmerverbände vermuten hinter den Bluttaten eine gezielte Zermürbungsstrategie.