Der letzte Altbau weicht einem Park
Die Veränderungen am Ravensburger Elisabethen-Krankenhaus gehen in die Endphase
RAVENSBURG - Es ist das letzte Überbleibsel des alten ElisabethenKrankenhauses in Ravensburg: Das elfstöckige Hochhaus, in dem zuletzt die Verwaltung untergebracht war, wird ab Montag abgerissen. Jahrzehntelang diente es als Heimat für die Franziskanerinnen aus Reute und weltliche Krankenschwestern.
Schon von außen ist klar: Die gelblichen Klinker an den grauen Betonwänden wollen nicht mehr recht zu den schicken, lindgrün getäfelten Neubauten passen, die das Gesicht des neuen, modernen Krankenhauses prägen. Wie ein Relikt aus der Vergangenheit ragt das Hochhaus zwischen Ärztehaus mit Apotheke, Bettenhaus und Goldfisch bestücktem See auf. Zuletzt war dort die Krankenhausverwaltung untergebracht, die mittlerweile ins ehemalige Sankt-Nikolaus-Kinderkrankenhaus umgezogen ist, zudem der Eigenbetrieb IKP des Landkreises, Pflegedienstleitung und Arztdienstzimmer. Ganz oben gab es einen Konferenzraum – mit beeindruckendem Rundblick auf die Türme der Stadt Ravensburg, die Nachbargemeinde Berg und die Basilika in Weingarten.
Einst ein Wohnheim
Gebaut wurde das Hochhaus 1963 als Wohnheim. Die Franziskanerinnen von Reute, die als Krankenschwestern und Seelsorgerinnen am EK arbeiteten, hatten bis dahin im Dachgeschoss über den Patientenzimmern des ursprünglichen Altbaus von 1901 gelebt. Beengt und unbequem in Zweibettzimmern, erzählt Winfried Leiprecht, Pressesprecher der Oberschwabenklinik, beim Rundgang. Im neuen Hochhaus hatten die Nonnen hingegen Einzelzimmer. Drei mal vier Meter groß und mit eigenem Waschbecken – der reinste Luxus im Vergleich zur ursprünglichen Unterbringung. „Die Stockwerke sahen alle gleich aus. Jeweils 16 Zimmer auf elf Etagen, ein Gemeinschaftsraum, sanitäre Anlagen und ganz oben die Terrasse, auf die nur Frauen durften.“
Schilder zwischen den zwei Fahrstühlen erinnern noch an die Namen der einzelnen Stockwerke. Benannt wurden sie nach Ordensschwestern wie Angela Mérici, der Gründerin des Ursulinenordens, die später heiliggesprochen wurde, oder Margaretha Bloching, einer der Gründerinnen des Ordens der Franziskanerinnen von Reute.
Zu den besten Zeiten müssen im Schwesternhochhaus 170 Nonnen gewohnt haben, meint Leiprecht. Doch die Attraktivität der katholischen Orden nahm in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer weiter ab, sodass nach und nach junge Frauen eingezogen sind, die ihre Ausbildung als (weltliche) Krankenschwester am EK machten. Nach der Gründung der Oberschwabenklinik im Jahr 1997 – neben der ElisabethStiftung beteiligten sich daran der Landkreis Ravensburg mit seinen Kreiskrankenhäusern in Bad Waldsee, Wangen, Leutkirch und Isny sowie die Stadt Ravensburg mit dem Heilig-Geist-Spital – beschleunigte sich der Trend noch. Die letzten Schwestern sind vermutlich 2005 ausgezogen, glaubt Leiprecht, als die Elisabeth-Stiftung ihre Anteile an den Landkreis verkaufte. Zu dieser Zeit diente der Bau auch Belegärzten als Unterkunft, etwa den Handchirurgen Dieter Kistler und Hermann Krimmer.
Doch auch die Zeit als Ärztehaus ist jetzt abgelaufen. Das Gebäude verlassen, die Gänge leer. „Die Baumaterialien waren damals ziemlich gut“, meint Leiprecht und zeigt auf die Steintreppe. „Was recyclingfähig ist, wird ausgebaut.“Voraussichtlich ab kommender Woche wird dann ein riesiger Bagger aufgestellt, der das Hochhaus abreißt. Nach dem Abriss kommt kein neues Gebäude an die Stelle. Stattdessen wird der kleine Klinikpark mit dem See in der Mitte vergrößert. Als Ruheoase für Patienten und Besucher, die in kurzer Zeit nicht mehr wissen werden, dass an der Stelle einmal mehr als hundert Nonnen lebten.