Pionierin
Heide Simonis hat Geschichte geschrieben. Die lebhafte Frau war die erste Ministerpräsidentin Deutschlands. Das tragische Ende ihrer Laufbahn prägte sich ins kollektive Gedächtnis ein. Am heutigen Mittwoch wird sie 75 Jahre alt. Längst schon ist es ruhig geworden um die SPDPolitikerin, die ihr politisches Scheitern nie ganz überwinden konnte. Aus der Öffentlichkeit zog sie sich zurück. Ausnahmen gibt es noch bei Interviews oder bei der Vorstellung ihrer Bücher – etwa ihres Krimis „Heringstage“von 2016 oder eines Fotobands über die Quilts genannten bunten Decken, die sie näht.
Während ihrer aktiven Laufbahn machte Simonis stets Eindruck durch ihr beherztes Auftreten gegenüber Freund und Feind. Sie gilt als herzlich, unverblümt, zupackend. Ihren Ruf als „enfant terrible“der SPD erwarb sie sich bereits als junge Bundestagsabgeordnete in den 1970er-Jahren, als sie sich unerschrocken selbst mit den alten Parteigranden wie Willy Brandt und Herbert Wehner anlegte.
Simonis’ Stunde kam 1993, als die Barschel-Affäre die Landespolitik im Norden im Griff hatte. SPD-Ministerpräsident Björn Engholm trat wegen einer Falschaussage zurück. Daraufhin übernahm die als harte Verhandlungsführerin bekannte Finanzministerin und Vizeregierungschefin die Amtsgeschäfte in Kiel.
Die gebürtige Bonnerin, die vorher als Berufsberaterin beim Kieler Arbeitsamt arbeitete, wurde zweimal wiedergewählt. Zum Fiasko geriet ihr dritter Anlauf 2005. Nach der Landtagswahl wollte sie sich an die Spitze einer rot-grünen Minderheitsregierung mit Duldung des Südschleswigschen Wählerverbands wählen lassen. Das scheiterte in vier Wahlgängen an einem Abweichler aus den eigenen Reihen.
Später engagierte sich Simonis einige Jahre als Vorsitzende des Kinderhilfswerks Unicef. Als Simonis 2006 an der RTL-Tanzshow „Let's Dance“teilnahm, um das Honorar für Unicef zu spenden, musste sie sich aufgrund ihrer Darbietungen von der „Bild“-Zeitung als „Hoppelheide“verspotten lassen. 2008 nahm sie nach einem Streit um Geldverschwendung bei der deutschen Sektion ihren Hut. (AFP)