13 Jahre Haft und Berufsverbot für Apotheker gefordert
Plädoyers im Prozess um verdünnte Krebsmedikamente
ESSEN (dpa) - Im Prozess um gestreckte Krebsmedikamente in einer Apotheke in Bottrop hat die Staatsanwaltschaft dreizehneinhalb Jahre Haft für den Apotheker beantragt. Außerdem soll das Essener Landgericht ein lebenslanges Berufsverbot verhängen, forderte Staatsanwalt Rudolf Jakubowski in seinem Plädoyer am Dienstag.
Der angeklagte Apotheker zeigte keine Regung. „Ich habe mich gefragt, was eigentlich gegen die Höchststrafe von 15 Jahren spricht“, sagte Jakubowski. „Die Antwort lautet: nicht viel.“Der Angeklagte habe sich auf Kosten von Menschen bereichert, die um ihr Leben bangen – „und das zur Fortsetzung seines luxuriösen Lebensstils – zum Beispiel zum Bau einer Villa mit Wasserrutsche“. Er habe aus der minderwertigen Herstellung von Krebsmedikamenten ein Geschäftsmodell gemacht und so Millionen verdient. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz und Betrug vor.
Die Auswirkungen für die Gesundheit seien allerdings nach wie vor unbekannt. „Die Verhandlung hat nicht ergeben, wer betroffen war und wie sich das auf den Behandlungsverlauf ausgewirkt hat“, sagte Jakubowski. Vermutlich habe sich der Angeklagte darüber aber auch gar keine Gedanken gemacht. Zum Ende der Ermittlungen war die Staatsanwaltschaft überzeugt, dass mehr als 1000 Krebspatienten Mittel für Chemotherapien und andere Medikamente bekamen, die laut Anklage kaum oder gar nicht wirkten. Außerdem habe der 47-Jährige gegen Hygienevorschriften verstoßen.
Vertrauen verspielt
Die Verteidiger hatten versucht, die Fehler auf ein früheres Schädel-HirnTrauma des Angeklagten zurückzuführen, was Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit gehabt haben könnte. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft gibt es allerdings keine Hinweise auf eine verminderte Schuldfähigkeit des 47-Jährigen.
Die Forderung nach einem lebenslangen Berufsverbot begründete Jakubowski so: „Es erscheint unvorstellbar, dass dieser Mann noch einmal als Apotheker arbeiten darf.“Ein Apotheker sei eine Vertrauensperson. „Dieses Vertrauen hat der Angeklagte verspielt.“
Der mutmaßliche Medikamentenskandal war von zwei Mitarbeitern des Angeklagten aufgedeckt worden. Für ihre Enthüllungen waren sie Ende des Jahres 2017 mit dem Deutschen Whistleblower-Preis ausgezeichnet worden.
Insgesamt rund 20 ApothekenKunden, die entweder selbst Krebsmedikamente bezogen haben oder Angehörige vertreten, hatten sich dem Prozess als Nebenkläger angeschlossen. Eine Frau ist während des Verfahrens gestorben.
Der Angeklagte selbst hat zu den Vorwürfen geschwiegen. Auch mehrere ehemalige Mitarbeiter hatten vor Gericht keine Aussagen gemacht.