Auf zu neuen Ufern!
Lang ist’s her, so 40 Jahre ungefähr. Trotzdem hat sich dieser Italienurlaub – übrigens einer der letzten gemeinsamen mit den Eltern – fest ins Gedächtnis gebrannt. Waren wir die Jahre zuvor immer und immer wieder an die Adria nach Riccione (gleiches Hotel, gleicher Strandabschnitt, gleiche Eisdiele) gefahren, sollte es jetzt einmal das andere Ufer sein. In Alassio an der sogenannten Blumenriviera hat mein Vater ein kleines, für die deutsche Durchschnittsfamilie erschwingliches Hotel gebucht – mitten in der Altstadt, nah am Strand. Bereits bei der Anreise war die Stimmung mies, da meine Mutter stundenlang vor sich hinschluchzte. Je weiter es Richtung Süden ging, desto tiefer wurden ihre Seufzer, die dann auch auf der Rückbank nicht mehr zu überhören waren. Der Grund war aber nicht etwa das neue, unbekannte Reiseziel, sondern die Abwesenheit meines vier Jahre jüngeren Bruders, den man zur Erholung nach Borkum geschickt hatte. Das Geseufze ging auf meinen Vater über, als er auf der schmalen, stark befahrenen Küstenstraße nach und anschließend in engen Gassen durch Alassio kurven musste. Die Ankunft im Hotel hob die Stimmung wenig: ein alter Kasten mit muffigen Zimmern. Na dann eben gleich an den Strand! Genau einen Tag hielten wir es dort aus. Viel zu schmal, viel zu voll, Liege an Liege, verdreckte Stehtoiletten an Land, störende Wellenbrecher im Wasser. Na ja, aber das Städtchen sei doch ganz hübsch, bemerkte meine Mutter wohlwollend. Kann aber dem Vergleich mit der Shoppingmeile in Riccione nicht standhalten, maulte ich. Was meinen Vater angesichts des schmalen Urlaubsbudgets wiederum erfreute.
Endgültig zur vorzeitigen Abreise blies er aber trotzdem, als er am nächsten Morgen drei Katzen entdeckte, die faul in der Sonne dösten – auf dem Dach seines nagelneuen Opel Manta. Wir flüchteten in die Berge, ins Aostatal. Und es wurde dann doch noch ein ganz netter Urlaub. Von dem wir übrigens öfter erzählen als von den vielen Reisen nach Riccione.