Sport oder nicht Sport?
Wie Profi-Videospieler und Amateure um Anerkennung kämpfen
RAVENSBURG (saf) - Stundenlanges Training, Taktikbesprechungen und nervenaufreibende Wettkämpfe: Der Alltag eines professionellen Computerspielers unterscheidet sich kaum von dem eines Profisportlers. In der Gesellschaft fristet der sogenannte eSport kein Nischendasein mehr. Dennoch ist er noch nicht dort angekommen, wo Fußball oder Handball längst sind.
„eSport ist für mich kein Sport“, sagte unlängst DFB-Präsident Reinhard Grindel dem Bremer „WeserKurier“. Diverse Profivereine sehen das offenbar anders: Der VfL Wolfsburg, Schalke 04 oder der VfB Stuttgart etwa beschäftigen längst professionelle Gamer in eigenen Teams. Am Dienstag verkündete Fußball-Zweitligist SV Sandhausen den Einstieg ins Geschäft. Verbände wie der eSportBund Deutschland (ESBD) kämpfen um die offizielle Anerkennung als Sport. Mit Erfolg: Der eSport werde künftig mit Vereins- und Verbandsrecht anerkannt, heißt es im Koalitionsvertrag der Regierung. Weiter wolle man die eSportler „bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen“. Dabei geht es neben der Etablierung um Fördergelder und Strukturmaßnahmen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat eine Arbeitsgruppe eingerichtet, im Dezember sollen erste Ergebnisse vorliegen.
In vieler Hinsicht ist eSport schon jetzt mit den großen Sportarten vergleichbar. Profis trainieren bis zu acht Stunden am Tag, Teams werden von Trainern, Sportpsychologen und Managern betreut. Statt draußen wird eben drinnen gespielt, statt Kraft und Puste zählen Hand-Auge-Koordination und Reaktionsschnelligkeit. Auf der Onlineplattform twitch.tv verfolgen Millionen Zuschauer die größten Turniere live, in den Arenen jubeln Zehntausende ihren Idolen zu. Sie kämpfen um Preisgelder in Millionenhöhe. Dazu kommen Sponsorengelder und Monatsgehälter im fünfstelligen Bereich.
Eine Studie des Wirtschaftsdienstleisters Deloitte kommt zum Ergebnis, dass inzwischen 75 Prozent der Befragten den Begriff eSport kennen, in der Altersgruppe Ü-65 immerhin ein Viertel. Der Profibereich kann mit etablierten Sportarten mithalten, in der Breite gibt es aber kaum Ligenstrukturen oder Vereine. Amateure organisieren sich lose in Teams, einzelne Anbieter stellen eigene Ligen. Mit der Anerkennung als Sportart könnten auch Sportvereine ins Computergeschäft einsteigen. Im oberschwäbischen Bad Waldsee diskutierten die Vereine in der letzten Woche darüber. In Oftersheim bei Sinsheim hat der TSV 1895 diesen Schritt bereits 2017 gewagt. Dort gibt es seither die erste eSports-Abteilung in einem deutschen Amateurverein.