Fahndung nach Betrügern
Zollprüfung im Bau-, Reinigungs- und Gastgewerbe
ULM (dtp/mö/dpa) - Pizzabäcker, Reinigungskräfte, Lkw-Fahrer oder Kellner: Der deutsche Zoll hat am Dienstag und Mittwoch mit rund 6000 Fahndern eine bisher einmalige Aktion gestartet, um MindestlohnBetrügern auf die Spur zu kommen. Allein vom Hauptzollamt Ulm waren 30 Fahnder unterwegs. Mit Erfolg: Am Dienstag erwischten sie bei 35 kontrollierten Personen vier Verdächtige, die nun einer genaueren Prüfung entgegensehen müssen. Die Zollbeamten waren in Einkaufszentren in Heidenheim, Ehingen und Laupheim unterwegs.
Denn immer wieder stehen Branchen wie Bau-, Fleisch-, Reinigungsund Gastgewerbe im Verdacht, dass hier einzelne Unternehmer den gesetzlichen Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde nicht zahlen und somit die Beschäftigten viel weniger Geld verdienen, als ihnen zusteht. Zudem soll mit den Kontrollen gegen Schwarzarbeit und illegale Tätigkeiten vorgegangen werden. Auch werde die Frage nach Scheinselbstständigkeit gestellt. Einsatzleiter Daniel Stührk vom Hauptzollamt Ulm präzisiert: „Anfällig sind Branchen, darunter auch der Einzelhandel, in denen viele Menschen zu ungünstigen Zeiten für wenig Geld arbeiten.“
Auch illegale Beschäftigungsverhältnisse können auffliegen, ausländische Mitarbeiter ohne Aufenthaltserlaubnis, Sozialleistungsbetrug, wenn ein Hartz-IV-Bezieher etwa heimlich arbeitet. Im Nachhinein werden die erhobenen Daten der Kontrolle über das System unter anderem mit den Daten der Deutschen Rentenversicherung abgeglichen, sagt Raimund Grupp vom Hauptzollamt Ulm.
Mit der Aktion soll der Druck erhöht werden, um das Umgehen des Mindestlohns und illegale Beschäftigung zu unterbinden. Allein 2017 betrug der Schaden durch nicht gezahlte Abgaben und Steuern nach Angaben des zuständigen Finanzministeriums rund eine Milliarde Euro. Von heute 6800 Mitarbeitern bei der „Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) soll die Zahl der Mitarbeiter bis 2021 auf knapp 8500 wachsen.
„Das ist alles gut und schön“, sagte der Vorsitzende der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), Dieter Dewes. Doch schon vom vorigen Bundestag sei ein deutlicher Zuwachs versprochen worden wegen der Mindestlohneinführung. Zudem plane Scholz zusätzliche Kontrollaufgaben, um zum Beispiel Betrügereien beim Kindergeld oder Sozialleistungen stärker zu bekämpfen – das könnte weitere 5000 Stellen erforderlich machen.
Doch ist die Gefahr, dass ein Betrieb auffliegt, gering. Auf eine Anfrage der Linken-Fraktion musste die Bundesregierung einräumen, dass die Zahl der durch den Zoll geprüften Betriebe bisher sehr niedrig ist. 2017 wurden nur 2,4 Prozent der Betriebe kontrolliert. „Die Bundesregierung lässt die betroffenen Beschäftigten im Regen stehen, wenn sie nicht endlich reagiert“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Susanne Ferschl.