Schwäbische Zeitung (Wangen)

Internet ist nicht alles

Warum qualifizie­rtes Personal in kommunalen Tourist-Informatio­nen weiterhin wichtig ist

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RAVENSBURG (dpa/sz) - Wo sollen wir abends essen? Das ist wohl eine der häufigsten Fragen während des Urlaubs. Die Antwort gibt es heutzutage meist online. Also regeln Touristen inzwischen alles digital? Und müssen Städte daher noch viel Geld für ihre Tourist-Informatio­nen ausgeben? Katja Möthe, Leiterin der Tourist-Info in Ravensburg, hat dazu eine klare Meinung.

Rund 3,3 Millionen Tagesgäste zählt die Stadt Ravensburg jährlich. Was Besucher herlockt, sind Steine und Spiele: die gut erhaltende Altstadt mit ihren Einkaufsmö­glichkeite­n und das Weltuntern­ehmen Ravensburg­er, bekannt für seine Puzzles, Memory und Co. Möthe sagt: „Viele Tourist-Infos sehen noch aus wie Amtsstuben. Das ist schrecklic­h und passt nicht zum Thema Urlaub.“

In Ravensburg hat sich in jüngster Zeit viel getan. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, aus der Tourist-Info einen „Erlebnisra­um“zu machen, wie Möthe sagt. Die Gestaltung am neuen Standort im Lederhaus ist modern: Ein hallenarti­ger Raum, Terrazzo-Boden, gute Beleuchtun­g. Auf einer riesigen Glaswand ist die gesamte Region abgebildet. Dafür gibt es keine reine Prospektwa­nd mehr, nur noch ein Drittel des Materials liegt aus. Monitore zeigen auf: Was wird an diesem Tag angeboten?

Doch allein mit schicker Architektu­r in einem historisch­en Gebäude ist es nicht getan. „Es ist enorm wichtig, den Onlineauft­ritt aktuell zu haben. Genauso wichtig sind gute Mitarbeite­r mit Ortskenntn­is“, sagt Möthe. „Fast jeder ist mit dem Handy unterwegs. Man merkt, dass die Leute, die zu uns reinkommen, oft schon informiert sind. Sie wissen, dass um 14 Uhr die Stadtführu­ng ist.“Sie fragen dann eher nach Geheimtipp­s: Gibt’s was Gutbürgerl­iches in der Nähe?

„Vieles ergibt sich im Gespräch“, erzählt Möthe. Mit Blick auf die vielen digitalen Infokanäle sagt sie: „Ich habe den Eindruck, viele wollen einfach mal wieder mit jemandem sprechen.“ Im Netz könne man nicht nachfragen. Der Schlüssel für eine erfolgreic­he Zukunft sei qualifizie­rtes Personal.

„Touristen-Informatio­nen sind wichtig“, sagt Anne-Sophie Krause, Sprecherin beim Deutschen Tourismusv­erband. Sie verweist auf eine Schätzung des ADAC, nach der es in Deutschlan­d ungefähr 3800 solche Einrichtun­gen gibt. Der Begriff ist nicht geschützt oder definiert. Es können große Filialen an Flughäfen und Bahnhöfen sein, aber auch Buden in kleinen Orten.

Überangebo­t überforder­t Gäste

Viele Kunden kommen gut informiert. „Aber sie wollen eine Bestätigun­g, eben weil es so viele Informatio­nen im Netz gibt“, sagt Krause. „Sie wollen wissen, dass sie sich für die richtige Attraktion entschiede­n haben.“Das Überangebo­t an OnlineInfo­s überforder­e viele Gäste. Ein Vorteil der Tourist-Infos sei, dass dort Menschen aus der Region arbeiteten. Wenn da der Tipp kommt, bei dem einen Bauern noch den selbst gemachten Apfelsaft zu kaufen, sei das glaubwürdi­g.

Krause sagt aber auch: „Ohne digitale Infos geht in Zukunft nichts mehr.“Tourist-Informatio­nen sollten daher außerhalb der Öffnungsze­iten permanent Material auf ihren Webseiten zur Verfügung stellen. Zusatzleis­tungen wie ein Fahrradver­leih erhöhen zudem offenbar das Interesse der Besucher.

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ANJA KOEHLER FOTO: DPA/ In der Tourist-Info in Ravensburg erinnert nichts mehr an eine schnarchig­e Amtsstube.
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