Trumps Märchen ist entzaubert
Laut „New York Times“ist der US-Präsident durch dubiose Steuermodelle an sein Vermögen gekommen
WASHINGTON - Donald Trump brüstet sich mit der Geschichte vom selbst erarbeiteten Vermögen. Die „New York Times“enthüllt, dass der US-Präsident seinen Reichtum dubiosen Steuertricks des Vaters verdankt.
Es war im Dezember 1990, da brauchte Donald Trump Daddys Hilfe. So ziemlich alle seine bombastischen Geschäftsideen, die Fluggesellschaft Trump Shuttle genauso wie sein Plaza-Hotel und die Casinos, steckten in Schwierigkeiten. Und nun war auch noch eine Zahlung von 18,4 Millionen Dollar fällig. Also schickte Fred Trump einen Buchhalter mit einem Bündel Schecks nach Atlantic City, wo sein Sohn einen Hotel-Casino-Komplex betrieb: das „Trump’s Castle“. Der Angestellte kaufte 700 graue 5000Dollar-Jetons im Gesamtwert von 3,5 Millionen Dollar. Dann verließ er die Spielhölle, ohne auch nur einmal gewettet zu haben. Dank der Finanzspritze für die Bank schrammte das Casino an der Pleite vorbei.
Nach den Gesetzen des Bundesstaats New Jersey allerdings war die Zahlung illegal. Und es war nicht die einzige fragwürdige Aktion, mit der Fred Trump seinem Sohn unter die Arme griff. Die „New York Times“hat in einer aufwendigen Recherche enthüllt, wie der 45. Präsident der Vereinigten Staaten zu seinem Reichtum gekommen ist: nicht, wie er sich brüstet, durch eigene Genialität. Sondern dank Vaters Millionen, die die Familie mit dubiosen Manövern und auch Fällen von Steuerbetrug am Finanzamt vorbeigeschleust habe.
Amerikaner schätzen den Mythos
Viele Amerikaner haben Trump gewählt, weil er für sie den Mythos des erfolgreichen Geschäftsmanns und Selfmade-Milliardärs verkörpert. In Wahlkampfauftritten stilisiert er sich als Aufsteiger, der es ganz allein geschafft hat. Er sei mit einem Kredit des Vaters von nur einer Million Dollar ins Geschäftsleben gestartet, hat Trump behauptet: „Und den musste ich ihm mit Zinsen zurückzahlen.“
Jedoch weigert sich der Präsident kategorisch, seine Steuererklärungen offenzulegen, wie es in Amerika unter Präsidenten Brauch ist. Die Enthüllungen der „New York Times“lassen den Grund erahnen: Sie entlarven Trumps Selbstdarstellung als pure Legende. Schon als Dreijähriger verdiente er laut der Zeitung nach heutiger Kaufkraft 200 000 Dollar aus dem Immobilienimperium des Vaters. Mit acht Jahren war Sohn Donald Millionär. Insgesamt habe er in den 1990er-Jahren das Äquivalent von heute 413 Millionen Dollar von seinem Vater bekommen – und den Großteil des Geldes verschob die Familie mit Hilfe dubioser Steuersparmodelle. Für die über eine Milliarde Dollar an Vermögen, die die Trump-Eltern ihren Kindern zuschoben, wären laut der Zeitung mindestens 550 Millionen Dollar Steuern fällig gewesen. Tatsächlich zahlten die Trumps nur 52,2 Millionen Dollar, ein Steuersatz von mageren fünf Prozent.
Mehr als 100 000 Seiten an Dokumenten hat die Zeitung ausgewertet, darunter vertrauliche Steuererklärungen, die sie von einem Informanten erhielt. Daraus wurde mit acht Zeitungsseiten einer der größten Investigativgeschichten ihrer Geschichte. Sie zeichnen ein „Muster von Täuschung und Verschleierung“bei der Vermögensverschiebung vom Vater zum Sohn. Trump selber lehnte es während der Recherchen ab, sich zu äußern. Sein Anwalt bestritt, dass Betrug oder Steuerhinterziehung stattgefunden habe. Sowieso sei Präsident Trump „so gut wie überhaupt nicht in diese Angelegenheiten involviert gewesen“, erklärte der Anwalt: „Diese Dinge wurden von anderen Mitgliedern der TrumpFamilie geregelt.“
Trumps Sprecherin Sarah Sanders nannte den Artikel „irreführend“. Die Finanzämter hätten die Erklärungen der Familie damals geprüft und genehmigt.
Dagegen teilte die New Yorker Steuerbehörde mit, sie werde die Vorwürfe untersuchen. Ob so viele Jahre später noch etwas dabei rauskommt, ist fraglich. Doch ohnehin dürfte den selbstverliebten Trump vor allem der Image-Schaden ärgern. Die vermeintliche Erfolgsgeschichte