Kein Mangel an Unabhängigkeit
Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte stärkt Rolle des CAS – Pechstein-Anwalt will Rechtsmittel einlegen
STRASSBURG/BERLIN (dpa) - Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Rolle des Internationalen Sportgerichtshofs CAS gestärkt, doch Claudia Pechstein wertet die Entscheidung keineswegs als Rückschlag. Bereits 2010 hatten die Anwälte der Berliner Eisschnelllauf-Olympiasiegerin die Unabhängigkeit des CAS juristisch infrage gestellt, acht Jahre später attestierte der Menschengerichtshof dem CAS nun „keinen Mangel an Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit“(Beschwerdenummer 67474/10). Pechstein wird aller Voraussicht nach Rechtsmittel gegen die EGMR-Entscheidung einlegen. Das erklärte ihr Anwalt Simon Bergmann.
Pechstein selbst sah die Entscheidung sogar als Erfolg, weil ihr die Straßburger Richter 8000 Euro Entschädigung zugebilligt haben, da ihr der CAS keine öffentliche Anhörung in ihrem Verfahren gewährt hatte. „Wer vom Gericht 8000 Euro zugesprochen bekommt, kann nicht verloren haben“, sagte die 46-jährige Berlinerin. „Wenn die Öffentlichkeit in ihrem Verfahren damals zugelassen worden wäre, hätte es möglicherweise ein anderes Urteil des CAS gegeben. Es ist ein Menschenrecht verletzt worden. Das hat der Europäische Gerichtshof klar herausgestellt“, sagte Bergmann und wertete dies als wichtiges „Pfund“vor der möglicherweise noch in diesem Jahr anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Fall Pechstein. Der CAS seinerseits sieht den Status der Unabhängigkeit durch das Urteil bestätigt. „Der EGMR hat alle Ansprüche, mit einer Ausnahme zum Recht auf öffentliche Anhörung, abgewiesen“, hieß es in einer Stellungnahme.
Die fünfmalige Olympiasiegerin Pechstein hatte 2009 vor dem CAS gegen eine zweijährige Sperre wegen auffälliger Blutwerte durch die Internationale Eislaufunion ISU gekämpft, die sie auf eine geerbte Blutanomalie zurückführt. Der CAS aber bestätigte die Strafe. Pechstein machte in Straßburg geltend, dass der CAS weder unabhängig noch unparteiisch sei. Den Vorwurf begründete sie unter anderem mit der Art und Weise, wie die CAS-Richter ernannt werden. Die Straßburger Richter indes argumentieren, über Pechsteins Fall hätten drei Schiedsrichter entschieden, die aus einer Liste mit fast 300 Kandidaten ausgewählt worden seien.