Jetzt ist die richtige Zeit für die Grippeimpfung
Gesetzliche Krankenkassen im Land zahlen Vierfachimpfstoff für alle
RAVENSBUG - Wer jetzt noch den sonnigen Herbst genießt, der mag vielleicht nicht daran denken. Bald kommt wieder die Zeit der Erkältungen und der Grippe. Die echte Grippe wird von verschiedenen Stämmen des Influenza-Virus ausgelöst. Zu ihren Symptomen zählen hohes Fieber, Schüttelfrost und Gliederschmerzen. In den Arztpraxen melden sich bereits die ersten Patienten zur Impfung.
Warum soll man sich gegen die Grippe impfen lassen? Für Hans-Otto Bürger, Vorsitzender der Kreisärzteschaft Ravensburg, eine klare Sache: „Zum einen geht es darum, Todesfälle und schwere Krankheitsverläufe mit Folgeschäden zu vermeiden.“Der Schutz des Geimpften selber ist die eine Seite. Außerdem soll das Influenza-Virus sich nicht in der Bevölkerung ausbreiten können – zum Schutz von Menschen, bei denen eine Impfung nicht möglich ist. Dazu zählen zum Beispiel Säuglinge und Patienten mit Immunschwäche, sagt der Hausarzt aus Vogt.
Epidemien verhindern
Bei starker Ausbreitung der Grippe könnten Epidemien das öffentliche Leben beeinträchtigen, gibt Bürger zu bedenken. Etwa wenn viele Lokführer erkranken. Deshalb rät er nicht nur Älteren und chronisch Kranken zur Impfung, sondern ganz besonders auch solchen Menschen, die mit vielen anderen Kontakt haben, zum Beispiel in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder auch als Lehrer. Das Virus ist hoch ansteckend und breitet sich über Tröpfchenund Schmierinfektion aus, erklärt der Arzt.
Eine Infektionskette könnte zum Beispiel so aussehen: Ein grippekranker Mann muss niesen. Wohlerzogen hält er sich dabei die Hand vor Mund und Nase. Mit dieser Hand öffnet er eine Tür, auf der Klinke bleiben Erreger zurück. Der Nächste, der durch die Tür geht und die Klinke anfasst, hat die Erreger an der Hand – und lässt vielleicht wiederum einige von ihnen an der Haltestange im Bus zurück. So kann das Influenza-Virus in kürzester Zeit viele Menschen infizieren.
Wer sich und andere vor Ansteckung schützen will, sollte vor allem auf Hygiene und Händewaschen setzen, rät der Vorsitzende der Kreisärzteschaft. Wer niesen muss, sollte sich eine andere Technik überlegen als die Hand vorzuhalten. Bürger empfiehlt, in die Armbeuge zu niesen. Die meisten Grippe-Infektionen gibt es nach seiner Erfahrung immer dann, wenn es kalt ist und viele Menschen zusammenkommen. Klassisches Beispiel: die Fasnetszeit. Im Vorjahr war der Verlauf der Erkrankungen eher ungewöhnlich, berichtet Bürger: Bereits kurz vor Weihnachten gab es viele akute Infektionen und dann kam ein sehr starker Anstieg Ende Februar, Anfang März. Auch die Zahl der Grippefälle war ungewöhnlich hoch. Anders als in anderen Jahren waren auch sehr viele Kinder und junge Leute betroffen. Deshalb rechnet Bürger damit, dass sich in diesem Jahr viele Menschen gegen die Grippe impfen lassen.
Das Interesse an der Impfung könnte auch deshalb zunehmen, weil die gesetzlichen Krankenkassen jetzt die Kosten für den neuen Vierfachimpfstoff übernehmen, vermutet der Arzt. Aber wie wirksam der Impfschutz tatsächlich ist, zeigt sich erst im Lauf des Winters – je nachdem, welche Stämme des Influenza-Virus besonders aktiv sind. Vollständigen Schutz vor der Grippe kann die Impfung nicht bieten. Wenn es doch zur Erkrankung kommt, verläuft die Influenza bei geimpften Personen jedoch milder und mit weniger Komplikationen.
In den vergangenen Jahren hat die Influenzawelle meist nach dem Jahreswechsel begonnen. Nach der Impfung dauert es zehn bis 14 Tage, bis der Impfschutz vollständig aufgebaut ist. Die STIKO empfiehlt, sich bereits in den Monaten Oktober oder November impfen zu lassen. Aber auch später könne die Impfung noch sinnvoll sein. Man sollte sich jedes Jahr impfen lassen. Denn die Zusammensetzung des Impfstoffs wird jeweils an die erwarteten Virustypen angepasst.
Neu ist, dass der Vierfach-Impfstoff jetzt Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen ist. Das gilt bundesweit für diejenigen Personen, denen die Ständige Impfkommission (STIKO) die Grippeimpfung empfiehlt. Speziell in Baden-Württemberg übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für den Vierfachimpfstoff für alle Bürger, teilt das Ministerium für Soziales und Integration BadenWürttemberg mit. Bis zum Winter 2012/2013 gab es für die Influenza-Impfung ausschließlich Dreifach-Impfstoffe. Sie enthalten Bestandteile von drei verschiedenen Virustypen, gegen die der Körper dann einen Impfschutz aufbaut. Seit dem Winter 2013/2014 gibt es in Deutschland auch Impfstoffe, die Bestandteile von vier Virustypen enthalten. Welche Virustypen im kommenden Winter eine große Rolle spielen, kann man aber nicht mit Sicherheit im Voraus sagen.
Die Influenzasaison 2017/2018 hat laut Robert-Koch-Institut bundesweit zu vielen Todesfällen geführt. Auch die Zahl der Krankheitsfälle in Betrieben und Arztpraxen war erheblich erhöht. In Baden-Württemberg sind in der vergangenen Grippesaison nach Angaben des Ministeriums für Soziales und Integration rund 36 000 Influenza-Fälle gemeldet worden. Im Jahr zuvor waren es 15 000 gemeldete Fälle.