Sparsam, leise und stufenlos
Wie gut eignet sich ein Elektroauto eigentlich für den Alltag? Redakteurin Joy Garcia Oliver startet den Selbsttest und ist sieben Tage lang elektrisch unterwegs. Mit welchen Problemen sie dabei konfrontiert wurde und womit sie gar nicht gerechnet hätte, lesen Sie im nachfolgenden Bericht.
LINDAU - Ich will ehrlich sein: Als mir gesagt wurde, dass ich eine Woche lang den Renault Zoe testen darf, freute ich mich vor allem auf die Ersparnis von einem komplett vollen Tank – bei den derzeitigen Spritpreisen immerhin gut 70 Euro. Da ahnte ich noch nicht, dass mir am ZOE viel mehr gefallen könnte, wie zum Beispiel die leichte Lenkung, das leise und angenehme Geräusch beim Fahren, die einfache Bedienung oder die umfangreiche Grundausstattung.
Aber zurück zum Anfang: Komplett ohne Vorbereitung holte ich den ZOE vor einer Woche am Montag nach der Arbeit ab und fuhr nach Hause, wo mein erster Test begann: Wie schnell kann das Elektroauto eigentlich fahren? 140 Kilometer pro Stunde ist die Antwort. Wie viel Kilowatt er dabei verbraucht? Doppelt bis dreimal so viel wie bei normaler Nutzung. Das führte dazu, dass ich für 50 Kilometer knapp über 70 verbraucht hatte und damit nur 60 Kilometer Restreichweite blieben. Darüber machte ich mir allerdings erst richtig Gedanken, als ich spätabends im Bett lag. Denn: Wo sollte ich das Auto laden? In meinem Heimatort gibt es zwar eine Ladesäule, doch diese war nur mit einer bestimmten Karte nutzbar, die man vorher beantragen musste. Meine Wohnung liegt im 4. Stock, weshalb ein Laden mit der Steckdose erstmal unmöglich schien – und so wälzte ich mich hin und her und fand mich dann mit dem Gedanken ab, dass ich aufgrund mangelnder Vorbereitung wohl mit dem Motorrad zur Arbeit fahren musste.
Diesen Gedanken hatte ich bis zum nächsten Morgen allerdings verworfen. Ich wollte den Test durchziehen und fand mich mit dem Risiko ab, auf halber Strecke liegen zu bleiben. Um Strom zu sparen fuhr ich also über die Landstraßen nach Lindau, im Windschatten von großen LKWs und mit viel, sehr viel Geduld. Das Ergebnis war überraschend: Ich hatte bei einer Strecke von 55 Kilometern nur 36 Kilometer verbraucht und rollte mit einem Grinsen im Gesicht zur Ladestation beim Autohaus. Das war das erste und letzte Mal, dass ich mit dem Auto ein „Problem“hatte - und dieses war zugegebenermaßen meiner mangelden Vorbereitung zuzuschreiben.
Danach informierte ich mich ausgiebig über Ladestationen und fand heraus, dass es viele Möglichkeiten gibt, kostenlos zu laden, die ich von nun an täglich nutzen würde - zusammen mit einem 50 Meter langen Verlängerungskabel aus dem vierten Stock. Am Mittwoch fuhr ich also zum Eis essen in die nächstgelegene Stadt mit kostenloser Ladestation, stellte das Auto dort ab und konnte nach nur 90 Minuten den komplett vollgetankten ZOE wieder abholen. Mein persönliches Highlight war ein Wanderausflug nach Ofterschwang, bei dem ich ganz entspannt 140 Kilometer durch die Berge fuhr und abends das Auto einfach wieder in die Steckdose steckte.
Was mir auch sehr gefallen hat, ist das stufenlose Automatikgetriebe, welches vor allem beim Start unglaublich gut beschleunigt. Das liegt daran, dass das volle Drehmoment bereits beim Anfahren zur Verfügung steht. Aus diesem Grund beschleunigt das Elektroauto vom Start weg, weil der Drehmoment in dem Moment ausschlaggebender ist, als die Leistung. Diese macht sich erst bei höheren Geschwindigkeiten bemerkbar.
Mein Fazit:
Als Zweitauto oder Stadtauto ist der ZOE die perfekte Alternative. Abgesehen von seiner Umweltfreundlichkeit sind die laufenden Kosten auch um einiges geringer als bei meinem Benzin-Auto (siehe rechts), da Strom und Versicherung billiger sind und die Steuern und Parkkosten, ganz wegfallen. Die Stadtwerke Lindau fördern umweltfreundliche Mobilität: Der Kauf eines Elektroautos wird noch bis Ende des Jahres mit 200 Euro unterstützt.
Seit 2016 gilt auf allen öffentlichen Parkplätzen im gesamten Stadtgebiet die Befreiung von der Parkgebührenpflicht für E-Fahrzeuge, für die jeweils geltende Höchstparkdauer.