Im Lindauer Deck 12 auf dem richtigen Dampfer
Natürlich verspürt der Gast, wenn er – abgesehen von zwei Tischgenossen – allein im Lindauer Inselhallen-Restaurant Deck 12 Platz nimmt, eine gewisse Vereinzelung. Hohe Decken, von denen riesige Kugellampen herabhängen, Mobiliar in heller Eiche, das Kontrastspiel von Schwarz und Weiß – all das wirkt zwar elegant, aber auch ein bisschen kühl. Die große illuminierte Theke mildert das mit warmen Licht etwas ab.
Die weißen plastiklastigen Möbel auf der riesigen Terrasse haben ihre ganz eigene Ästhetik, die wahrscheinlich nur Dauermieter auf Campingplätzen so richtig zu schätzen wissen. Unterm Strich bleibt anerkennend zu bemerken, dass Lokalitäten von solch kolossalen Raumdimensionen immer schwer mit Wohlfühlatmosphäre zu füllen sind, was dem Deck 12 aber recht gut gelingt. Sympathisch durchwachsen ist übrigens der junge dreiköpfige und durchweg weibliche Service, der von herzerfrischend ahnungslos bis kompetent jede Facette an Qualifikation zu bieten hat. Das Restaurant muss neben dem normalen Tagesgeschäft auch dem Ansturm bei Tagungen und Festen in der unmittelbar angrenzenden Inselhalle standhalten. Die Philosophie des Hauses hat mit Bio eine klare Ausrichtung, wobei die Herkunft des Gastronomen, der aus Österreich kommt, auch auf der Karte nachzulesen ist. Alpenländisch beginnt das Menü mit einem sogenannten Carpaccio vom Semmelknödel. Der Begriff Carpaccio klingt zwar reichlich aufgeblasen für dünn geschnittenen Kloß. Aber mit Bergkäse überbacken, mit würzig mariniertem Blattsalat sowie Kräutersaitlingen aufgepeppt, ist die Vorspeise ein duftiger Spaziergang durch ein interessantes Aromenfeld.
Die herbstliche Kürbis-Apfelsuppe wirkt wegen der spärlichen Würze ein wenig blutleer. Dafür eine echte Wucht: Der offenbar hausgemachte Jus, der mit der ganzen Kraft ewig eingekochter Knochen dem confierten Schweinebauch einen würdigen Teppich ausbreitet. Das Schwein ist zart und gar nicht tranig. Die großen Schnitze vom Spitzkohl sind dunkel angeröstet, was dem ohnehin rustikalen Gemüse besonders viel Charakter verleiht. Bemerkenswert auch die Kartoffelhälften, deren Schnittflächen intensiv-knusprig angeröstet sind. Die festkochende Sorte bringt viel Eigengeschmack mit, abgerundet durch gebratene Zwiebelwürfel, Petersilie und stellenweise etwas grobes Salz. Der Schweinebauch hätte noch etwas sorgfältiger gegrillt sein können – denn überall, wo das vorgegarte Fleisch nicht richtig angebraten ist, bleibt es grau. Doch die großartige Soße, die zähflüssig wie Lack auf dem Teller klebt, tröstet auch darüber locker hinweg.
Wie nicht anders zu erwarten, hat auch das Kürbis-Risotto einen guten Punkt zwischen Cremigkeit und Biss erwischt. Die milde Masse ist gekrönt von karamellisiertem Ziegenkäse, dessen dezente Säure gut zum wärmenden Reis passt. Und natürlich lässt sich der Küchenchef – Andreas Birngruber – nicht mit einem schlechten Kinderschnitzel erwischen. Bloß beim Dessert – den Apfelküchle – stören die bronzene Tönung, die Trockenheit und der luftleere Teigmantel. Frisch zubereitete Apfelküchle sind luftig und goldgelb. Macht aber nix – denn wer mit spürbar guten Rohstoffen den Weg der handwerklich ehrlichen Zubereitung eingeschlagen hat, verträgt auch einen kleinen Abzug in der B-Note.
Restaurant Café Deck 12 Zwanzigerstraße 12
88131 Lindau
Telefon 08382-8899650 www.deck12-lindau.de Geöffnet von Mittwoch bis Sonntag von 11 bis 23 Uhr, Ruhetage Montag und Dienstag. Hauptgerichte 12,90 bis 29 Euro.