Worauf Börsenanleger achten sollten
Anlageexperten beantworten bei der SZ-Telefonaktion Fragen zu Aktien und Fonds
RAVENSBURG (sz) - Die Nullzinspolitik hält an. Ohne Zinsen aber verlieren Ersparnisse durch die schleichende Inflation allmählich an Wert. Soll man sein Geld besser in Fonds und Aktien anlegen? Lassen sich mit Wertpapieren Renditen erzielen, die höher sind als die Inflation? Worauf sollten Anleger achten, wenn sie an der Börse einsteigen? Wie finde ich die passenden Wertpapiere und Fonds, die meinen Anlagezielen entsprechen? Bei der Telefonaktion der „Schwäbischen Zeitung“haben die Finanzexperten Michael Lock, Daniel Petzold und Wolfgang Raab (Fotos: OH) vom deutschen Fondsverband BVI die vielen Fragen der Leser beantwortet. Wir haben eine Auswahl zusammengefasst.
Ich habe drei Angebote für Mischfonds vorliegen, welche Variante soll ich wählen: geringes, hohes oder mittleres Risiko?
Das hängt von Ihrer persönlichen Einstellung zum Risiko ab. Bei der Variante mit hohem Risiko ist der Aktienanteil höher. Hier stehen dem höheren Risiko auch langfristig höhere Renditechancen gegenüber. Bei der Variante mit geringem Risiko sind auch die Renditechancen niedriger. Je länger Ihr Anlagehorizont ist, desto eher lohnt sich die Variante mit dem höheren Risiko. Bei einer Laufzeit von zehn Jahren und länger ist ein höherer Aktienanteil meist vorteilhafter.
Ich habe 100 000 Euro aus einer Erbschaft auf einem Tagesgeldkonto. Was soll ich damit machen? Da ich über 70 Jahre bin möchte ich kein allzu großes Risiko mit dem Geld eingehen.
Wenn Sie kein höheres Risiko eingehen wollen, sind Mischfonds grundsätzlich eher geeignet als Aktienfonds. Aber auch bei Mischfonds sollten Sie einen Anlagehorizont von fünf Jahren haben und Wertschwankungen aushalten können. Würden Sie die Erbschaft auf dem Tagesgeldkonto lassen, würde die Inflation den Wert des Geldes nach und nach verringern. Mit Mischfonds haben Sie die Möglichkeit langfristig eine Rendite zu erzielen, die höher ist als die Inflationsrate.
Wie hoch ist die Rendite von Mischfonds?
Das lässt sich im Vorhinein nicht sagen. Die Wertentwicklung hängt ab von der Entwicklung an den Kapitalmärkten und der Anlagepolitik der Fondsgesellschaft. In der Vergangenheit erzielten Mischfonds langfristig etwa drei bis fünf Prozent im Schnitt jährlich.
Nachdem die Aktienkurse zurückgegangen sind, möchte ich einen Teil meines Geldes in Aktien anlegen. Lieber Einzelaktie oder Aktienfonds?
Bei Fonds haben Sie eine breitere Streuung und damit ein geringeres Verlustrisiko als bei Einzelaktien. Aber auch bei Aktienfonds müssen Sie mit kurzfristigen Schwankungen von 20 bis 30 Prozent leben können. Dafür winken langfristig gute Renditechancen.
Lohnt es sich, Geld in Fonds anzulegen anstatt das Geld auf dem Sparbuch zu lassen?
Auf dem Sparbuch bekommen Sie so gut wie keine Zinsen mehr. Mit Fonds dagegen sind langfristig Renditen möglich, die den Kaufkraftverlust durch die schleichende Inflation zumindest ausgleichen können. Mit Aktienfonds sind langfristig auch Renditen erzielbar, die deutlich über der Inflationsrate liegen. Allerdings sollten Sie für eine Fondsanlage einen Anlagehorizont von mindestens fünf Jahren haben – besser länger.
Soll man jetzt Fonds kaufen oder kommt der Crash?
Einen Crash können auch wir nicht vorhersehen. Bisher haben sich die Kurse aber noch nach jedem Kursrückschlag wieder erholt. Trotz der oft starken Kursschwankungen haben sich Aktien langfristig als besonders renditeträchtig erwiesen. Wenn Sie einen Kauf zu Höchstkursen vermeiden wollen, teilen Sie den Anlagebetrag auf und investieren Sie zeitlich gestaffelt jeweils Teilbeträge.
Soll man in diesen unsicheren Börsenzeiten mit einen Aktienfondssparplan überhaupt weitermachen?
Ja, denn bei einem Fondssparplan mit festen monatlichen Beträgen profitieren Sie von Kursrückschlägen. Bei niedrigen Kursen erwerben Sie für die Sparrate mehr als bei hohen Kursen. Das ergibt langfristig einen günstigen Einkaufspreis.
Wann und wie wird der Wert eines Fonds berechnet?
Der Wert eines Fondsanteils wird börsentäglich aktualisiert. Die Wertentwicklung eines Fonds wird meist zum Monatsende berechnet.
Ich habe seit zehn Jahren Immobilienfonds, die etwa 2,5 bis drei Prozent Rendite im Jahr gebracht haben. Was soll ich damit machen?
Offene Immobilienfonds sind nach wie vor eine solide Geldanlage mit geringen Wertschwankungen. Wenn Sie höhere Renditechancen haben möchten, müssten Sie in andere Anlageklassen wie zum Beispiel Aktien wechseln. Das ist aber auch verbunden mit höheren Schwankungen.
Kann ich Investmentfonds jederzeit verkaufen?
Eine Rückgabe von Fondsanteilen ist grundsätzlich jederzeit möglich. Lediglich bei offenen Immobilienfonds können sie frühestens nach einem Jahr mit einer einjährigen Kündigungsfrist Ihre Anteile verkaufen.
Sparbücher sind durch die gesetzliche Einlagensicherung bis zu 100 000 Euro abgesichert. Wie ist das bei Fonds?
Investmentfonds sind Sondervermögen und damit getrennt vom Vermögen der Fondsgesellschaft. Damit ist das Fondsvermögen der Sparer bei Insolvenz vollständig gesichert, egal wie groß es ist.
Bei Aktienfonds sind fünf bis sechs Prozent Rendite zu erreichen, aber da gehen doch noch die Kosten für die Fondsverwaltung ab?
Nein, alle Kosten, die den Fonds direkt betreffen, wie Verwaltungsvergütungen, sind in der Wertentwicklung bereits berücksichtigt. Diese Kosten werden direkt aus dem Fondsvermögen entnommen. Lediglich eventuelle Kaufkosten würden direkt beim Anleger anfallen.
Ich will beim nächsten Crash nicht dabei sein. Ich habe Aktien im Wert von 50 000 Euro. Was können Sie mir empfehlen?
Um das Risiko zu verringern, sollten Sie Ihr Vermögen grundsätzlich breit streuen. Wenn Sie es ganz rausnehmen wollen, bleibt nur der Aktienverkauf. Dann können Sie aber auch von künftigen Kurssteigerungen nicht profitieren. Eine Möglichkeit ist der Teilverkauf von Aktien, um Gewinne zu sichern. Zusätzlich können Sie einen Sparplan auf Aktienfonds einrichten, mit dem Sie vom Cost-Average-Effekt profitieren: Gehen die Kurse weiter zurück, kaufen Sie günstig ein.
Ich bin 70 und besitze 100 000 Euro in Fonds als Altersrücklage. Wäre es besser, schlecht gelaufene Fonds jetzt zu verkaufen?
Sprechen Sie mit Ihrem Anlageberater, wie die Aussichten für Ihre Fonds sind, damit Sie nicht Gefahr laufen, am Tiefpunkt zu verkaufen. Denken Sie daran ausreichend Liquidität für Notfälle zu halten, um nicht Fonds zu unpassender Zeit verkaufen zu müssen. Wichtig ist, dass Ihre Anlagenmischung zu Ihnen passt.
Lohnen sich Aktienanlagen aufgrund der aktuellen Börsenentwicklung noch?
Nach neun Jahren steigender Aktienkurse ist ein stärkerer Kursrückgang nicht ungewöhnlich, zumal sich die Wirtschaftsaussichten eingetrübt haben. Andererseits spricht langfristig weiterhin sehr viel für Aktien. Anleger müssen aber mit Schwankungen umgehen und Geduld haben können. Wer sein Vermögen breit streuen will, sollte einen Teil weiterhin in Aktienfonds halten.
Ich möchte 150 000 Euro anlegen – und zwar nach Möglichkeit nicht so risikoreich. Meine Bank bietet mir eine Vermögensverwaltung an. Was sagen Sie?
Eine Fondsvermögensverwaltung ist grundsätzlich eine gute Lösung, wenn man sich nicht selbst ständig um seine Anlagen kümmern möchte. Hier gibt es verschiedene Varianten: Eher defensiv, ausgewogen oder offensiv. Wenn Sie nicht so risikobereit sind, würde wahrscheinlich eher die defensive Variante in Betracht kommen. Bei einer Vermögensverwaltung kümmert sich ein Fondsmanager um Ihr Geld und passt die Aufteilung des Vermögens je nach Marktlage auf einzelne Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe an. Lassen Sie sich von Ihrer Bank die vergangene Wertentwicklung zeigen und achten Sie auch darauf, wie die Vermögensverwaltung sich in Extremsituationen entwickelt hat.
Ich bin 92 und habe einen großen Betrag auf dem Bankkonto deponiert. Macht es in meinem Alter noch Sinn, Aktien und Anleihen zu kaufen?
Nicht mit einem kurzen Anlagehorizont! Wenn Sie aber bewusst längerfristig anlegen möchten, gegebenenfalls auch für die Erben, dann kann es durchaus sinnvoll sein, das Vermögen breit zu streuen und auch Wertpapiere zu kaufen.