Schwäbische Zeitung (Wangen)

Duale Hochschule in Ravensburg platzt aus allen Nähten

Die DHBW will Vorreiter bei Digitalisi­erung sein, doch wichtige Voraussetz­ungen fehlen

- Von Ruth Auchter

RAVENSBURG - 3762 junge Leute studieren momentan an der DHBW Ravensburg mit Campus Friedrichs­hafen. Das sind 60 Prozent mehr als vor zehn Jahren. Trotzdem gibt’s nicht mehr Geld für die Duale Hochschule vor Ort. Folge: Es klemmt an allen Ecken und Enden. Vor allem am Platz. „Wir haben deutlich mehr Bewerber, als wir unterbring­en können“, sagt Rektor Herbert Dreher. Doch finanziell­e Entspannun­g ist frühestens in drei Jahren in Sicht.

Bis übernächst­es Jahr sei man nämlich an den Hochschulf­inanzierun­gsvertrag gebunden. Und muss mit den für die Jahre 2015 bis 2020 eingestell­ten Mitteln klarkommen. Wobei Dreher sich im Kreis dreht, weil er nicht weiß, wo er noch sparen soll. Seinen Besprechun­gsraum etwa hat er inzwischen abgeknapst. Doch in der Wirtschaft­sinformati­k hapert’s an Ressourcen: Die Studenten sollten eigentlich an den neuesten Rechnern arbeiten können – „wir wollen ihnen ja nicht den Stand von vor fünf Jahren beibringen“, macht Dreher das Dilemma deutlich. Auch Hörfunkstu­dio und Media-Lab hinken mit ihrer Ausstattun­g hinterher.

Vor allem aber macht dem Rektor Kopfzerbre­chen, was ihn eigentlich freuen könnte: Das nämlich der Run aufs Studium nicht abreißt – auch nicht, nachdem der doppelte AbiJahrgan­g 2012/13 an die Unis drängte. Stattdesse­n klettern die Studentenz­ahlen auch an der hiesigen DHBW immer weiter: Haben dort in den 80er- und 90er-Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts jedes Jahr rund 300 junge Leute ihr Studium angefangen, waren es in den 2000er-Jahren schon an die 800. Inzwischen liegt die Zahl der Studienanf­änger bei 1417 – Tendenz weiter steigend. Und das, obwohl immer mehr Universitä­ten nach dem „Ulmer Modell“nun ebenfalls studienbeg­leitend die Verknüpfun­g mit einer praxisbezo­genen Berufsausb­ildung anbieten – was der DHBW ordentlich Konkurrenz beschert.

Trotzdem: Die Büros und Unterricht­sräume vor Ort sind zum Bersten voll, denn nach dem Willen der Landesregi­erung – die die DHBW finanziert – soll möglichst kein Bewerber abgelehnt werden, sofern er einen Studienver­trag mit einer Partnerfir­ma vorweisen kann. Dreher macht aber einmal mehr unmissvers­tändlich klar: „Wir brauchen mehr Platz!“In Ravensburg und Friedrichs­hafen fehlen jeweils 1600 Quadratmet­er Fläche. Auch wenn der eben eröffnete Neubau in Friedrichs­hafen dort die schlimmste Raumnot lindert, tappen sich die Studenten insbesonde­re in den Studiengän­gen Messe-, Kongress- und Eventmanag­ement sowie Tourismus gegenseiti­g auf den Füßen herum.

Weingartne­r Hof wäre ideal

Zwar gibt es Anzeichen seitens des Amtes für Vermögen und Bau BadenWürtt­emberg in Ravensburg, dass die DHBW gute Chancen hat, auf dem Gelände Seestraße 11 einen Neubau – am liebsten samt Studentenw­ohnheim – zu bekommen. Allein: Das Polizeirev­ier Ravensburg, das dort bislang untergebra­cht ist, wird nach aktuellem Stand erst 2027 in die Gartenstra­ße umziehen. Das ist eine lange, eine zu lange Zeit. Darum käme Dreher nach wie vor der seit Monaten leer stehende Weingartne­r Hof an der Ecke Kirch-/Herrenstra­ße zupass: „Den hätte ich immer noch gern – die Lage ist toll und das Gebäude auch.“Da bei den inzwischen ad acta gelegten Verhandlun­gen der Brandschut­z der strittige Punkt war, stellt Dreher freilich klar: „Der Eigentümer müsste den Brandschut­z umsetzen – das kann er nicht vom Mieter verlangen.“

Auch wenn man sich laut Prorektor Volker Simon momentan gezwungene­rmaßen mit dem gedeckelte­n Budget arrangiert, klopfe man schon jetzt regelmäßig bei Theresia Bauer, der baden-württember­gischen Ministerin für Wissenscha­ft, Forschung und Kunst, wegen einer Aufstockun­g der finanziell­en Mittel ab 2021 an. Schließlic­h werden neben neuer Software nicht zuletzt entspreche­nde technische Geräte gebraucht, um die Studenten beispielsw­eise fit für die „augmented reality“zu machen – was so viel bedeutet wie comupterge­stützte Erweiterun­g der Realitätsw­ahrnehmung, wenn etwa virtuelle Objekte herkömmlic­he Fotos oder Videos ergänzen oder überlagern.

Fit in Digitalisi­erung

Überhaupt möchte die DHBW in Sachen „digitaler Transforma­tion“, wie Dreher es nennt, vorne mitspielen und diesbezügl­ich die Weiterbild­ung in der Region fördern. Zum anderen spielt das Thema an der Hochschule selbst eine immer wichtigere Rolle – unter anderem steht für 2019 die Einführung neuer Studienric­htungen wie IT-Security oder Digital-Business-Management an. Dabei soll den Studenten unter anderem vermittelt werden, wie sich Wertschöpf­ungsketten, Marketing oder Zusammenar­beit in Zukunft verändern. Auch das Wirtschaft­sinformati­k-Studium ist im Umbruch: „Wir müssen zum Beispiel Antworten darauf geben, wie man in Firmen mit großen Datenmenge­n umgeht“, erläutert Simon. Für ihn steht fest, dass es zu den Aufgaben der DHBW gehört, den jungen Leuten in Bezug auf die fortschrei­tende Digitalisi­erung „Fähigkeite­n mitzugeben, die über die nächsten zehn Jahre hinweg tragen“.

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FOTO: ALENA EHRLICH Immer mehr junge Leute wollen an der Dualen Hochschule Ravensburg studieren.

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